Eine zuckersüße und daher schnell verputzte Meute: Blatt aus der 25-teiligen Serie "shine brite" (2011) von Micha Payer und Martin Gabriel.

Foto: Gal. Christine König

Wien - Auf diesem Teppich kreucht und fleucht es: Ein buntes Ornament aus Kaulquappen, Raupen und Muscheln, dazwischen Astronauten, Segelschiffe und ein Geo-Dreieck. Drumherum ein Band aus Kellog's-Ks und X-Chromosomen, eine Bordüre aus Kämmen und Männerbeinen.

Ein Gewusel, das Micha Payer (geb. 1979) und Martin Gabriel (geb. 1976) in sorgfältigen Blei- und Buntstiftstrichen zu Papier gebracht haben. Ein Teppichornament, mit dem Memento mori eines Stilllebens, das mit alltäglichen Dingen und abgespeicherten Bildern gefüttert wird. Eine Form provoziert jeweils die nächste: womöglich eine ähnliche aus dem universellen Bildgedächtnis oder eine völlig andere, weil die Gedanken beim Zeichnen des Blattes von morgens bis abends ja Sprünge vollziehen.

Beim Betrachten der unterschiedlichen Arbeiten in der Galerie König lässt man sich nur allzu gern in einen subjektiven Kosmos fallen und entwickelt eine banale Lust am Entdecken im Chaos. Man trifft auf Bekanntes in verwirrenden Nachbarschaften. Im surrealen Wirbel des Unbewussten taucht plötzlich eine Gruppe von Linzer-Augen-Gesichtern auf, die man in Gedanken längst weggeknabbert hat. Auch von den Blättern bleiben irgendwann Krümel, denn letztendlich sind sie nur die visuell anregenden Resultate automatischen Zeichnens.

Die hier wuselnde Energie von Unbelebtem und Lebewesen findet sich auch in den Blättern von Barbara Eichhorn: Flugformationen von Vögeln hat sie in expressiven, großformatigen Grafitzeichnungen umgesetzt, die Wirbel und Ströme ablesbar machen.

Andererseits fokussiert sie in zarten Blättern, die sie fragilen Flügeln gleich an die Wand geheftet hat, die Choreografien der Vögel. Es sind Lichtblicke in einer sonst blassen Schau, die irgendwie dem Motiv Tier zu folgen scheint.

Denn auch Zilla Leutenegger zeichnet eines: Ihre nette Geiß leckt der Yoga-Heidi hinterm Holzgatter die Fußzehen. (Anne Katrin Feßler, DER STANDARD, 6.6.2012)