Kämpfte für die Kunst: Grita Insam.

Foto: Regine Hendrich

Wien – Zur Kunst war Grita Insam zufällig gekommen – "als vollkommen unerfahrenes Dirndl": Die Werbefachfrau realisierte 1970 für Hamburger Mosburger eine von ihr konzipierte, damals revolutionäre Kampagne namens "Tangenten". Diese Veranstaltungsreihe beinhaltete u. a. eine Malaktion mit Hans Staudacher, eine Lesung mit Ernst Jandl, ein Konzert mit Anestis Logothetis und einen Multiple-Wettbewerb. Das Projekt stellte sich für Insam als Falle heraus: "Ich war plötzlich in der Kunstszene – und wollte dann nicht mehr raus."

1971 gründete sie mit Partnern am Hof die Modern Art Galerie; nach inhaltlichen Auseinandersetzungen machte sie 1974 ihre eigene Galerie auf, drei Jahres später übersiedelte sie von der Wipplingerstraße in die Köllnerhofgasse. Gleich zu Beginn präsentierte sie Peter Weibel und Robert Adrian, die zu zentralen Personen im Insams Leben werden sollten; zu den wichtigsten Künstlern, die sie in der Folge zeigte, gehörten Art & Language, Irwin und Candida Höfer.

Ihr Programm war, wie sie es vor einem halben Jahr im STANDARD-Interview formulierte, raumorientiert – und konzeptuell, "weil ich am Intellekt der Künstler interessiert war und nicht nur an Ästhetik und Sinnlichkeit." In ihrer Galerie fanden legendäre Performances und Klangarbeiten statt, schwerpunktmäßig waren Videoarbeiten zu sehen. Auch kulturpolitisch war Insam aktiv: Bei einem von ihr organisierten Symposion zum Thema "Kunstförderung – wie?" kristallisierte sich der Typus "Informationsgalerie" heraus, die für ihre Vermittlungstätigkeit gefördert wird. Ihre Galerie war eine prototypische: Unentwegt konfrontierte Insam mit neuen Strömungen.

Christa Steinle fasste 2009 in ihrer Laudatio auf Insam anlässlich der Verleihung des Ehrenkreuzes für Wissenschaft und Kunst zusammen: "Sie war nie nur eine Galeristin, die Kunst nur aus sachlich geschäftlicher Perspektive zur Disposition stellte, um Vertrieb und Verkauf zu forcieren, sondern ihre Form der Galerie war stets eine Mischung aus Agentur, Festivalforum, Kulturamt und sozialer Plattform, die sich für eine demokratische Verbreitung von Kunst einsetzte."

Kurz vor Weihnachten schloss Insam, die sich jahrelang vom Krebs nicht hatte unterkriegen lassen, ihre Galerie an der Hülben; am Samstag erlitt die pionierhafte Kunstvermittlerin einen Schlaganfall, von dem sie sich nicht erholte: Grita Insam starb 73-jährig in der Nacht auf Montag in Wien. (Thomas Trenkler, DER STANDARD, 5.6.2012)