Nachbarschaftsgarten im Wiener Arenbergpark: Künftig soll es in jedem Bezirk mindestens ein solches Projekt geben. Außerdem arbeitet Rot-Grün an einer zentralen Anlaufstelle für alle Stadtgärtner.

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Die meisten konzentrieren sich aufs Nützliche - und bauen Paradeiser, Salat und Bohnen an. Nur vereinzelt kämpft sich im Nachbarschaftsgarten Arenbergpark ein Blümchen durchs Gemüse - jeder Quadratzentimeter ist schließlich wertvoll. "Es gab über 180 Bewerber", sagt Ursula Taborsky vom Verein Gartenpolylog und hilft einem Neogärtner beim Erdelockern. "Wir hatten aber nur 26 Parzellen zu vergeben."

Wer heuer im 3. Bezirk ein Beet bearbeiten darf, wurde per Los entschieden. Die Idee, Großstädter öffentliche Flächen in ihrem Viertel umackern zu lassen, stammt aus New York - und wurde im Wiener Rathaus anfangs nur partiell gutgeheißen.

Ansturm mit Gartenkralle

Nachdem aber bereits beim Pilotprojekt in Ottakring vor fünf Jahren jede Menge Anrainer mit Schaufel und Gartenkralle anrückten, nahmen sich sowohl die SP als auch die Grünen des Themas an. Inzwischen gibt es 30 Nachbarschaftsgärten in Wien, die meisten am Stadtrand.

Laut Koalitionsabkommen soll in den nächsten Jahren aber mindestens einer pro Bezirk entstehen. "Wir müssen den Menschen die Möglichkeit geben, Dinge zu tun, die ihnen Spaß machen - wir wollen sie schließlich in der Stadt halten", sagt Planungsstadträtin Maria Vassilakou. Die Grün-Politikerin hat bei ihrem Amtsantritt jede Menge neue Grün- und Freiflächen angekündigt. Die Umsetzung dieses Plans ist allerdings wesentlich schwieriger als gedacht.

Grüne: Mehr Einsatz von Sima

Beim kollektiven Gemüseziehen besteht das Hauptproblem darin, dass man auf den guten Willen der SP angewiesen ist. Denn die Nachbarschaftsgärten gehören zum Ressort der Umweltstadträtin Ulli Sima (SP). Und die setzt sich zu wenig dafür ein, das Thema parteiintern aus der Orchideenecke zu holen - finden jedenfalls einige Grüne.

Vassilakou hütet sich freilich, die Regierungskollegin direkt anzugreifen. "Das gärtnerische Know-how liegt eindeutig im Ressort Sima", sagt sie. Zur besseren Koordination soll es künftig aber eine zentrale Anlaufstelle für alle Nachbarschaftsgärtner geben. Welche Stadträtin dafür zuständig sein wird, müssen die beiden erst ausdiskutieren.

City Farming stockt

Dabei hatten die Grünen wesentlich ehrgeizigere Pläne, als sich die Lufthoheit über ein paar Paradeiserstauden im Park zu erstreiten. Anfangs träumte Vassilakou noch von schönen neuen Stadtteilen mit integrierten Landwirtschaftsflächen.

Fürs sogenannte City-Farming werde man dem Bund alte Kasernenareale abkaufen, sagte Vassilakou. Auch das ist nicht ganz einfach. Denn der Bund gibt die Flächen nur zum Mindestpreis her, wenn Wien sie im öffentlichen Interesse nutzt. Die Zugänge zu diesem Begriff sind jedoch recht unterschiedlich.

Theodor-Körner-Kaserne zum Verkauf

Für Wien ist bereits sozialer Wohnbau öffentliches Interesse. "Nur geförderte Wohnungen zu bauen ist sicher zu wenig", sagt hingegen Stefan Hirsch, Sprecher von Verteidigungsminister Norbert Darabos (SP). Es müsse auch eine Reihe öffentlicher Einrichtungen geben. Andernfalls werde die Fläche versteigert.

Ob auf dem Areal der Theodor-Körner-Kaserne in Penzing - das als Nächstes zum Verkauf steht - jemals günstig gewohnt und selbst geackert werden wird, ist also fraglich. Will Vassilakou in absehbarer Zeit einen grünen Stadtteil entwickeln lassen, muss sie sich woanders umschauen. (Martina Stemmer, DER STANDARD, 4.6.2012)