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Die Sex Pistols haben eine Rechnung offen. Mit der Queen. Denn lange bevor das Königshaus Rockopas wie Paul McCartney oder Mick Jagger zu "Sirs" adelte, fand man es "rude and shocking", zum Sujet einer Kultur zu werden, die man bestenfalls als Subkultur anerkannte.

1977 veröffentlichte die Punkband Sex Pistols ihre Single God save the Queen. Diese war keine Hommage, sondern offenbarte sich mit der Zeile "God save the Queen, the fascist regime" als das Gegenteil. Die Single erschien in der Woche des silbernen Thronjubiläums, doch das offizielle England wollte mit allen Mitteln verhindern, dass God save the Queen just zu diesem Zeitpunkt die britischen Charts anführte.

Das gelang: Rod Stewarts I Don't Want to Talk About It wurde Nummer eins - doch hinter vorgehaltener Hand wird bis heute behauptet, die Charts seien manipuliert worden, und die Sex Pistols seien die eigentliche Nummer eins gewesen. Die Band um Sänger Johnny Rotten beschränkte sich damals darauf, auf der Themse auf einem Boot namens Queen Elizabeth nämlichen Song zu spielen, was beim Landgang das Einschreiten der Polizei zur Folge hatte.

Seit damals ist viel Wasser die Themse hinuntergeflossen, doch die Erinnerung an diese Fußnote wurde nicht verwässert: Über Facebook und andere Medien läuft seit Wochen eine Kampagne, deren Ziel es ist, God save the Queen zum diamantenen Jubiläum der heute 86-jährigen Queen mittels Downloads an die Spitze der britischen Charts zu bringen.

Heute heißt der Konkurrent Gary Barlow. Der ehemalige Take-That-Sänger hat mit dem Komponisten Andrew Lloyd Webber den Titel Sing geschrieben, der am 4. Juni bei den offiziellen Feiern mit Musikern aus dem ganzen Commonwealth aufgeführt werden soll. Auch mit Prinz Harry, der sich am Tamburin versucht.

Anders als damals muss die Queen heuer nicht fürchten, die Zeremonie könnte gestört werden. Johnny Rotten - heute zumindest alters-, wenn schon nicht benimmmäßig im Sir-tauglichen Alter - will von der Internetkampagne bis vor kurzem gar nichts gewusst haben: Der 56-Jährige habe sich sogar gewundert, dass die Queen überhaupt noch lebe. (Karl Fluch /DER STANDARD, 2.6.2012)