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Foto: Reuters/McNaughton

Die Iren haben also offenbar mit deutlicher Mehrheit Ja gesagt zum Euro-Fiskalpakt, der die 25 Teilnehmerstaaten zu noch strengerer Budgetdisziplin zwingt als das im EU-Recht ohnehin vorgeschrieben ist. Alles andere wäre auch mehr als überraschend gewesen. Denn das auf bilateraler Ebene ausgehandelte Abkommen sieht nicht nur eine automatische Schuldenbremse vor, die üppige staatliche Konjunkturprogramme unmöglich macht. Der Pakt bestimmt auch, dass nur jene Staaten Anspruch auf Milliardenhilfen aus den Euro-Rettungsfonds haben können, wenn sie sich am Fiskalpakt beteiligen.

Irland ist ein solches sogenanntes "Programmland", wie Griechenland und Portugal auch. Das 85 Milliarden Euro schwere Hilfspaket dient in erster Linie dazu, einen Zusammenbruch der irischen Banken zu verhindern, in der Folge den wirtschaftlichen Zusammenbruch des Landes. Ob die Hilfen über den vereinbarten Zeithorizont 2013 hinaus ausreichen, wird man erst sehen. Vermutlich nicht. Dublin dürfte ebenso wie Athen und Lissabon in Zukunft noch mehr Hilfe brauchen.

Der irischen Bevölkerung konnte es also vorläufig ziemlich egal sein, was es mit dem Fiskalpakt auf sich hat: Sie werden noch viele Jahre brauchen, um wieder in einer einigermaßen normalen Wirtschaft zu leben und aus den Schulden rauszukommen. Ausgeglichene Haushalte sind derzeit nicht wirklich ihr Problem.

Abgesehen davon hätte auch ein Nein der Iren zum Fiskalpakt keinerlei Auswirkung auf den Rest der Gemeinschaft gehabt. Er tritt jedenfalls in Kraft, wenn auch nur zwölf von 25 Ländern ihn ratifizieren. Also fehlte dem Referendum von vornherein jedes Drohpotential gegenüber den EU-Partnern. Anders als bei der Abstimmung über den EU-Vertrag von Lissabon können die Iren das Fortschreiten der Gemeinschaft nicht aufhalten. Sie hätten sich lediglich selbst isoliert.

Freuen kann sich über das klare Votum hingegen die deutsche Kanzlerin. Sie war es, die auf den Fiskalpakt bestanden hat: vor allem aus innenpolitischen Überlegungen. Denn die Regierung in Berlin hatte als einzige unter den EU-Partnern ein Spezialproblem. Da der geltende EU-Vertrag ein "Bailout", ein Rauskaufen von EU-Partnerstaaten durch Schuldenübernahme oder -finanzierung ausdrücklich verbietet, wurde jede Eurohilfe für Merkel zur Gratwanderung. Sie muss jederzeit damit rechnen, dass beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe geklagt wird, die Höchstrichter deutsche Hilfen aufheben - auch weil sie das "Königsrecht" des Bundestages, das letzte Wort zum Budget, verletzt sehen.

Der freiwillige Fiskalpakt und eine anstehende kleine Änderung des EU-Vertrages ab Jänner 2013, die wechselseitige Hilfen erlaubt, wenn "die Eurozone als Gesamtes in Gefahr gerät", sollten Merkel aus diesem Dilemma befreien. Nach dem Ja der Iren tut sie sich wieder ein bisschen leichter. Die deutsche Sparsamkeitspolitik in der Währungsunion ist gestärkt.

Die größte Hürde hat die deutsche Kanzlerin freilich noch vor sich. Der neue französische Staatspräsident hat ja angekündigt, dass ihm der von seinem Vorgänger unterzeichnete Fiskalpakt viel zu rigide ist. Francois Hollande verlangt mindestens eine Ergänzung, die aktive Wachstumsförderungspolitik an der Schuldenbremse vorbei erlaubt. Das Wort Neuverhandlung hört man aus Paris aber schon seltener.

Verhandeln können Merkel und Hollande darüber aber ohnehin erst nach dem 17. Juni. An dem Tag finden die Nachwahlen für das französische Parlament statt. Erst dann wird klar sein, wie stark Hollande wirklich ist, ob es auch in der Assemblee Nationale eine sozialistische Mehrheit gibt, die die Regierung unterstützt. Diese Wahl wird die eigentliche Nagelprobe für den Fiskalpakt. Das irische Referendum hatte diesmal nur bedingt eine Bedeutung für Europa.