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Foto: APA/Schneider
Sie waren Trendsetter in den Siebzigern und scheinen es auch heute noch zu sein: Die Rolling Stones verkünden derzeit auf Europatournee, dass "no satisfaction" an keine Altersgrenze gebunden ist und Arbeiten jenseits der sechzig durchaus noch lustvoll sein kann. Dieses Modell könnte bald nicht mehr nur bestaunte Ausnahme sein. Pensionsreform und Demografie zwingen zu längerer Verweildauer im Erwerb.

Aber der Abschied vom Jugendwahn gestaltet sich zäh. Als Erstes hat die Werbeindustrie ein lukratives neues Segment entdeckt: die so genannten "Silver Surfers" - wohlhabende Alte mit Cabrio und Abenteuerurlaub. In vielen Firmen betrachtet man hingegen weniger den Wert als die Kosten älterer Arbeitnehmer - und schiebt diese gern in die Frühpension ab. Manager, die Altgediente rauswerfen, gelten als Vorzeigetypen - noch. Doch ältere Arbeitnehmer werden interessanter, weil Beschäftigte schon demnächst ein knappes "Gut" sein werden. Nur mehr der Anteil über 60-Jähriger wird in Österreich weiterhin rasant zunehmen und 2030 ein Drittel der Gesamtbevölkerung ausmachen.

Anreize für Ältere

Darauf stellen sich mittlerweile selbst jene Betriebe ein, die noch vor einiger Zeit massenhaft Ältere abgebaut haben. Beispiel Voestalpine: Der einstige marode Staatsbetrieb hat sich zum expandierenden Erfolgsunternehmen gemausert und vor zweieinhalb Jahren das Programm "Life" geschaffen. Damit sollen unter anderem die über 50-Jährigen (immerhin ein Drittel der Belegschaft) im Betrieb gehalten werden. "Wir können es uns nicht leisten, dass das Know-how beim Werkstor hinausmarschiert", sagt Personalchef Heinz Rittenschober. Unter anderem mit Weiterbildungsmaßnahmen, attraktiveren Arbeitsbedingungen und der Öffnung von Karrierechancen für Ältere sollen Anreize geschaffen werden, länger zu arbeiten. Doch das Ganze setze einen "gewaltigen Umdenkprozess" voraus, räumt Rittenschober ein. Auch auf Arbeitnehmerseite. Viele haben sich auf einen frühen Ruhestand eingestellt und sind über die Aussicht auf längeres Arbeiten nicht gerade entzückt. Die Voestalpine wünscht sich im Betrieb aber eine "vernünftige Balance der Generationen".

Schließlich lautet das neue Zauberwort in der Wirtschaft "Age Management". Sprich: Auf die Möglichkeiten der Altersgruppen - übrigens sowohl als Beschäftigter als auch Kunde - ist zu achten. Stimmt die Durchmischung der Generationen nicht, kommt es zum Verlust von Kompetenz, hat das Institut für betriebliche Gesundheitsförderung Österreich festgestellt. Negativbeispiel Spital: Weil es in Pflegeberufen zu wenig Karrierechancen gibt, sind 85 Prozent der Krankenschwestern im patientennahen Dienst unter 35. Ein Qualitätsmangel, den die Patienten zu spüren bekommen.

Erfahrung und Überblick

Unter der Bezeichnung "Asep" (Austrian Sensior Experts Pool) hat sich längst eine Plattform gebildet, die das Fachwissen ehemaliger Führungskräfte nutzbar macht. Einsatzort und Dauer der Beratung - üblicherweise zwei bis vier Wochen - erfolgen nach Vereinbarung.

Was die Arbeitnehmergruppe "50 plus" so attraktiv macht? Sie glänzt durch Erfahrung und Überblick. Kurzkrankenstände wegen durchfeierter Nacht sind seltener. Mit Ausfällen durch Schwangerschaft und Karenz ist nicht mehr zu rechnen. Aber sie ist auch teuer und genießt besseren Kündigungsschutz. Zwei Gründe, die sie schwer vermittelbar gemacht haben.

Lohnnebenkostensenkung bei Älteren

Die Regierung versucht dem nun unter anderem mit einer Lohnnebenkostensenkung bei Älteren gegenzusteuern. Zumindest theoretisch schätzen Firmen nämlich deren Fachwissen. In einer market-Umfrage unter Jungunternehmern im Auftrag des Wirtschaftsressorts meinten 82 Prozent, dass Betriebe von älteren Arbeitnehmern profitierten. Wirtschaftsminister Martin Bartenstein erwartet sich außerdem von den Sozialpartnern, dass der "zögerliche Prozess für eine Abflachung der Lebenseinkommenskurve" beschleunigt wird. Das allerdings bedingt höhere Einstiegsgehälter.

Diese Bemühungen der Regierung beurteilt man in der Arbeiterkammer (AK) skeptisch. "Die Senkung der Lohnnebenkosten wird kaum wirken", sagt AK-Sozialexpertin Gabriele Schmid. Schon heute seien jene, die länger arbeiten, ausschließlich höher qualifizierte Angestellte. Wichtiger als die Frage des Einkommens, so Schmid, seien daher Gesundheit und Weiterbildung. Und in beiden Bereichen fehle es massiv an Budgetmitteln.

Wie die Zukunft aussehen könnte, zeigt das Inserat eines deutschen Autozulieferers, das kürzlich für Aufregung sorgte. Der Titel des Jobangebots: "Senioren gesucht". Pech für zwei Drittel der Bewerber: Sie waren unter 45 Jahre alt. (Martina Salomon, Peter Mayr, Der Standard, Printausgabe, 21.06.2003)