Leipzig/Berlin - Im Streit um die 35-Stunden-Woche für die ostdeutsche Metallindustrie hat die IG Metall die Arbeitgeber zur sofortigen Rückkehr an den Verhandlungstisch aufgefordert. Dazu setzte die Gewerkschaft am Freitag ein Ultimatum bis Mittwoch. Andernfalls sollen die Streiks ausgeweitet werden. Am Freitag waren nach Gewerkschaftsangaben 11.000 Beschäftigte in 16 Betrieben in Berlin, Brandenburg und Sachsen im Ausstand. Die Arbeitgeber lehnen eine Verkürzung der Arbeitszeit von 38 auf 35 Wochenstunden strikt ab.

In Sachsen ließen 8.000 Beschäftigte in neun Werken die Arbeit ruhen. Am Wochenende sollen die Streiks unterbrochen werden. Für den Montag hat die IG Metall rund 9.000 Beschäftigte zum Streik aufgerufen. In der ostdeutschen Metall- und Elektroindustrie sind 310.000 Menschen beschäftigt.

Heftige Kritik

Unterdessen wird die Kritik in Wirtschaft und Politik an den Streiks heftiger. Der Verband der Automobilindustrie (VDA) warnte vor der Gefährdung von Standortvorteilen in der ostdeutschen Metall- und Elektroindustrie. Entscheidungen für Ansiedlungen seien auch wegen Vorteilen wie geringeren Arbeitskosten und längeren Wochenarbeitszeiten getroffen worden, sagte VDA-Präsident Bernd Gottschalk in Frankfurt.

Die anhaltenden Streiks in der ostdeutschen Metall- und Elektroindustrie bringen die Produktion der großen deutschen Autobauer zunehmend ins Stocken. Nach Ansicht von Experten verursachen die Produktionsausfälle bei BMW, DaimlerChrysler und Volkswagen tägliche Umsatzeinbußen in Millionenhöhe.

Autohersteller betroffen

Mit den Streiks werde die Zuverlässigkeit der Autozuliefer-Kette beschädigt, warnte der Automobilexperte Ferdinand Dudenhöffer. "Damit werden BMW, aber auch die anderen Autohersteller, in Zukunft weitere Risikostreuungen in ihre Zulieferkette einbauen - zum Schaden der neuen Bundesländer." Sachsens Ministerpräsident Georg Milbradt (CDU) befürchtet schwere Schäden für den Aufbau Ost. "Wenn die Investoren den Eindruck gewinnen, dass ihre Erwartungen an den Standort nicht erfüllt werden, dann werden sie in Zukunft diesen Standort meiden", sagte er im Landtag in Dresden.

BMW muss nach eigenen Angaben wegen des Streiks für die 35-Stunden-Woche bei einem Getriebezulieferer kommende Woche die Produktion in Regensburg und München stoppen. Die Arbeit könne frühestens am Mittwoch wieder aufgenommen werden. BMW hatte daraufhin angekündigt, sein Engagement in Ostdeutschland zu überdenken. Dudenhöffer zufolge - er ist Professor für Automobilwirtschaft an der Fachhochschule Gelsenkirchen - kostet ein Produktionsausfall der 3er-Reihe den Konzern etwa 38 Mio. Euro Umsatz und vier Mio. Euro Gewinn pro Tag.

Auch Opel will nach Informationen der "Financial Times Deutschland" (Freitag) nicht ausschließen, sich bei künftigen Investitionen gegen Ostdeutschland zu entscheiden. Opel hat ein Werk in Eisenach. Bei DaimlerChrysler wird das Werk Berlin-Marienfelde bestreikt, in dem der Mini-Van Vaneo gebaut wird. Die Produktionsausfälle wurden nicht beziffert.

Das VW-Werk in Wolfsburg stellt sich auf Produktionsausfälle bei Golf und Lupo ein. Halte der Arbeitskampf an, würden Ende kommender Woche Teile aus dem ostdeutschen Werk Zwickau für die Produktion fehlen, sagte ein VW-Sprecher am Freitag.(APA/dpa)