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Laut Michael Wolff kommt der Crash bestimmt.

Foto: (c) AP

Der Medienkritiker Michael Wolff lässt in seiner Analyse für Technology Review kein gutes Haar an Facebook: "Der Social-Media-Riese wird enorm hoch bewertet, obwohl er faktisch doch nur eine weitere werbefinanzierte Website darstellt." Er sieht nicht nur das soziale Netzwerk in Gefahr, sondern glaubt, dass auch ein Großteil des werbefinanzierten Netzes bedroht ist. "Ein Zusammenbruch von Facebook könnte das halbe Web mitreißen", fürchtet Wolff.

Der Trugschluss von präziser Werbung

Als Grund dafür nennt der Medienkritiker den Trugschluss, dass Werbung im Internet viel präziser für einzelne Zielgruppen geschaltet werden könne als in anderen Medien. Jedoch würden auf Facebook bloß simple Bild- und Textanzeigen neben dem Newsfeed angezeigt. Problematisch wirke sich auch aus, dass der Wert der digitalen Anzeigen Quartal für Quartal weiter sinke. Als Grund dafür sieht Wolff die geringe Aufmerksamkeit der Webuser, wodurch die Werbung weniger Wirkung erzielt als in anderen Bereichen.

Einer statt zehn Dollar

Dank neuer Technologien sei es heute nicht mehr nötig, auf große Markenkanäle zurückzugreifen, um eine passende Zielgruppe anzusprechen. Wolff wählt hier das Beispiel CNN. Anstatt viel Geld für Werbung beim Nachrichtensender zu lassen, könne man sich kostengünstig eine Zielgruppe aufbauen, die jener von CNN entspricht. Das spart viel Geld. Laut Wolff schmelzen zehn Dollar, die man früher mit Offline-Werbung eingenommen hatte, zu einem Dollar zusammen.

Kein kostendeckendes Arbeiten möglich

Die meisten werbefinanzierten Webseiten haben laut Wolff Probleme, kostendeckend zu arbeiten, weshalb manchmal höhere Nutzerzahlen angegeben werden, um mehr Geld zu lukrieren. Daher findet Wolff es "erstaunlich, wie es Facebook gelungen ist, eine große Menge durchaus intelligenter Menschen davon zu überzeugen, dass die Magie sozialer Medien das Web-Werbegeschäft neu erfinden wird - und zwar gewinnträchtiger denn je".

Weniger Einnahmen als die "New York Times"

82 Prozent des Umsatzes erzielt Facebook mit Werbung. Ein Großteil davon wird durch die Anzeigen neben dem Newsfeed erzielt. Den Rest nimmt man mit "sozialen Anzeigen" ein, durch die Firmen eine Art persönliches Verhältnis zu Nutzern aufbauen können sollen. Das soziale Netzwerk nimmt im Jahr nur fünf Dollar pro Kunde ein. Das ist weniger, als die "New York Times" im Web verdient.

Kein Geld mit Smartphones

Wolle das soziale Netzwerk mehr Gewinn erzielen, müsse es schneller neue Kunden gewinnen, als der Wert der einzelnen Kunden abnimmt, schreibt Wollf. Problematischer werde die Situation dadurch, dass immer mehr Nutzer über das Smartphone auf Facebook zugreifen - denn hier sei es noch schwerer, Geld zu verdienen. Das soziale Netzwerk baue darauf, dass es mehr über die Aktivitäten im Netz weiß als andere Webseiten und dadurch interessanter für die Werbekunden ist.

Facebook das nächste Google?

Viele Aktionäre hoffen, dass Facebook das nächste Google wird. Die Suchmaschine hat die Werbewirtschaft umgekrempelt und lebt recht gut davon. Die Größe, die Plattform und die Marke dazu soll Facebook haben, glauben die Aktionäre. 

"Der Crash wird kommen"

Um den sinkenden Preisen entgegenzutreten, muss Facebook aber eine revolutionäre Idee liefern. "Das gilt für das Web und besonders für das Mobilgeschäft. Facebook ist, wenn es nicht aufpasst, bald kein zweites Google mehr, es ist ein Yahoo oder AOL", schreibt Wolff. Doch die sinkenden Werbepreise bei Facebook werden auch bei anderen werbefinanzierten Webseiten die Preise drücken. Im vergangenen Jahr ging der Preis für 1.000 Werbeeinblendungen bereits um 25 Prozent zurück. "Der Crash wird kommen", ist Wolff überzeugt. (soc, derStandard.at, 31.5.2012)