Grüße aus der Bo.lan-Küche.

Foto: Bo.lan

Rotes Curry mit gegrilltem Schwein und grüner Banane.

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Gegrillte Ayuthaya-Flussskrebse mit Lotussprossen und knusprigen Schalotten.

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Tintenfisch aus dem Wok.

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Dylan Jones und seine Partnerin Duangporn Songvisava versuchen, die Slow-Food-Idee in Bangkok zu verbreiten - mit gemischtem Erfolg.

Foto: Bo.lan

Wer in Bangkok unterwegs ist, muss sich Mühe geben, schlecht zu essen - mit ziemlicher Sicherheit gelingt das nur in noblen Restaurants. Denn in der Hauptstadt des Straßensnacks gilt: je teurer, desto schlechter ist das Essen. Fine Dining und Thai, scheint's, geht nicht zusammen. Dylan Jones ist ausgerückt, um das zu ändern.

Jones ist Australier und Schüler von David Thompson, der mit seinem Restaurant "nahm" in London den ersten Michelinstern für ein Thai-Restaurant erkochen konnte. Vor ein paar Jahren verließ Jones den Meister und kam mit einer leicht größenwahnsinnigen Idee nach Bangkok: das beste Thai-Restaurant Thailands aufzusperren. Gemeinsam mit seiner thailändischen Partnerin Duangporn Songvisava hat er das Bo.lan eröffnet.

"Die meisten Thais haben keine Wertschätzung für thailändische Küche und Produkte", sagt Jones, "hier gilt nur als gut, was aus dem Westen kommt." Wer es sich leisten kann, der isst nicht Papayasalat, sondern importiertes Steak mit Sahnesauce.

Entwicklungshilfe am Herd

Was draußen in den Garküchen entsteht und den Ruhm der thailändischen Küche begründet hat, ist fast niemals kompliziert zuzubereiten, es lebt von den wuchtigen Aromen seiner Zutaten. Jones will im Bo.lan vorführen, was für Möglichkeiten in dieser Küche stecken, wenn man sie weiter verfeinert. Entwicklungshilfe am Herd sozusagen.

Nicht dass es im Bo.lan seltsames Fusionfood gäbe - die Speisekarte ist so altvaterisch Thai, dass lokale Restaurantkritiker sie als langweilig abgetan haben. Was Jones aus dem Westen mitgebracht hat, sind nicht Rezepte, sondern Ideen: dass Zutaten regional und saisonal sein sollten; dass Produzenten, die ihre Arbeit lieben, bessere Produkte liefern; und dass gefinkelte Techniken Speisen besser machen können.

Das Beinfleisch vom Rind für sein grünes Curry wird drei Tage mariniert und Stunden geschmort, bevor es im Currytopf landet. Die Currypaste selbst wird eigens für jede Fleischart entwickelt - Huhn bekommt eine andere als Rind. Jones' Kokoscreme stammt aus einem Familienbetrieb, der seit drei Generationen nichts tut, als die Nuss zu pressen. Seine Fischsauce wird in Handarbeit hergestellt und darf Monate fermentieren.

Wenn es um die Kompositionen geht, wird strikt Thai gedacht. Was auf dem Tisch steht, hat gleichzeitig scharf, sauer, salzig und süß zu sein, die heilige Vierfaltigkeit der südostasiatischen Küche. Neben Weichgekochtem muss knackig Rohes auf dem Teller landen, zu Scharfem kommt Mildes, zu Heißem Kaltes, und auch die Farben der Zutaten sollen möglichst ausbalanciert sein.

"Erfahrene Esser"

Die Speisekarte empfiehlt daher nur "erfahrenen Essern", à la carte zu bestellen, den anderen wird das Menü ans Herz gelegt. Als Zugeständnis an die ausländische Kundschaft wird in Gängen serviert, auch wenn der "Hauptgang" aus vier Speisen besteht, die gleichzeitig aufgetischt werden.

Gleich zu Beginn des Essens geht das Konzept am besten auf: Da wird thailändischer Whiskey, das Nationalgetränk, mit etwas Kräuterextrakt serviert, dazu ein Glas grüner Pandanus-Saft, drei saisonale saure Früchte und etwas Chili und Salz - ein Baukasten der thailändischen Geschmäcker, mit denen der Esser zur Übung experimentieren kann. Aufregend, anregend, gut.

Die Anwendung des erworbenen Wissens folgt mit den Amuse-Bouches: knusprige Crêpe mit Hühnerfleisch, Minzsalat mit getrockneter Makrele, gebratenes Schwein mit Knoblauch und Mango, fermentierte Reisnudeln und Mangosalat. Fünf kleine Gesamtkunstwerke, in sich perfekt ausbalanciert, vom Geschmack bis zur Textur. Von links nach rechts gegessen reist man von eher mild zu scharf.

Plastiksackerlverbot in Bangkok

Jeden ersten Mittwoch im Monat veranstaltet Jones einen Bauernmarkt im Restaurant - mit Plastiksackerlverbot, in Bangkok revolutionär. Verschiedene Reissorten aus biologischem Anbau gibt es da, Fleisch von glücklichen Schweinen und, für Thais besonders exotisch, Ziegenkäse. Bald soll Bier aus schwarzem Klebreis angeboten werden, das besser zu Thai-Gerichten passt als teurer Wein.

Seit einigen Jahren versucht Jones, Slowfood Bangkok aufzubauen, eine Zweigstelle der internationalen Bewegung für traditionelles Lebensmittelhandwerk - bisher erfolglos. Die Bauern hätten zwar Interesse, meint er, scheitern aber meist an den Gebühren, die Slow Food für die Mitgliedschaft einhebt.

So sind die meisten Produzenten so wie der Koch zugewandert. Das glückliche Schwein wird von einem Australier gezüchtet, und das Bier braut ein US-Amerikaner. Jones ist daher stolz, dass immerhin 40 Prozent der Gäste Thais sind - obwohl sie bei ihm 50 Euro für ein Menü zahlen, leicht zwanzigmal mehr als auf der Straße. (Tobias Müller, Rondo, DER STANDARD, 1.6.2012)