Bild nicht mehr verfügbar.

Gerodeter Regenwald bei Moju in Brasiliens Bundesstaat Para. Nach dem Weltumweltgipfel in Rio im Juni soll die Diskussion über das umstrittene Waldgesetz weitergehen.

Foto: REUTERS/Lunae Parracho

Brasiliens neues Waldgesetz würde Abholzer amnestieren, warnen Umweltschützer. Präsidentin Dilma Rousseff hat zwar ein teilweises Veto eingelegt - das stoppt den Kahlschlag am Amazonas aber nicht.

Seit Montag ist in Brasilien ein neues Waldgesetz in Kraft - vorläufig. Wenige Wochen vor dem UN-Umweltgipfel Rio+20 hat Präsidentin Dilma Rousseff ein Teilveto gegen die dramatische Aufweichung des Waldgesetzes eingelegt, die das Parlament Ende April beschlossen hatte. Zwölf Artikel sind nun ganz blockiert, 32 modifiziert. Doch die Umweltschützer, die ein totales Veto gefordert hatten, sind entsetzt.

Teilveto der Präsidentin

Nach dem Teilveto der Präsidentin werde es keine Amnestie für Waldzerstörer geben, versicherte Umweltministerin Izabella Teixeira noch am Freitag. Nachdem alle Änderungen veröffentlicht waren, wurden aber zahlreiche Schlupflöcher offensichtlich. "Rousseff hat ihr Wahlversprechen gebrochen", sagte Miriam Prochnow, die sich für den Atlantischen Regenwald in Südbrasilien einsetzt.

Offiziell soll das Waldgesetz vor allem den kleineren Produzenten zugutekommen. Sie brauchen künftig nur noch fünf bis 15 Meter zerstörtes Flussufer wieder aufzuforsten. Die bisherige Vorschrift von 30 Metern bei bis zu zehn Meter breiten Flüssen gilt nur noch für Großfarmer. Doch in der Praxis wird der Betrug durch die Aufteilung von Grundstücken geradezu ermutigt. "Zehn Jahre Raubbau werden amnestiert", fasste der sozialistische Abgeordnete Ivan Valente zusammen.

Die Offensive von Sojafarmern und Viehzüchtern im Amazonasgebiet, dem größten Tropenwald der Erde, dürfte ungebremst weitergehen. Rousseff schätzt die Landwirtschaft als Devisenbringer: 37 Prozent von Brasiliens Exporten sind Agrargüter.

Fünf Jahre Zeit

"Immerhin müssen alle ein wenig aufforsten", tröstet sich der Biologe Ricardo Rodrigues, "vor allem die großen Viehzüchter, die für vier Fünftel der Zerstörungen von Schutzgebieten verantwortlich sind." Dafür dürfen sie sich allerdings fünf Jahre Zeit nehmen.

Kátia Abreu, Vorsitzende des Großfarmerverbandes CNA und Senatorin, lobte die patriotische Haltung Rousseffs, die alle Interessen berücksichtigt habe. Ein anderer Abgeordneter freute sich, dass die Staatschefin vor einem kompletten Veto zurückschreckte und die Verhandlungen nach dem Weltumweltgipfel Rio+20 im Juni "in aller Ruhe" weitergehen.

In vier Monaten könnte das Parlament die Präsidentin wieder überstimmen. Zuletzt hatten die Abgeordneten auf Druck der Agrarlobby die zusätzliche Abholzung von mehr als 750.000 Quadratkilometern Wald legalisieren wollen, eine Fläche doppelt so groß wie Deutschland. (Gerhard Dilger, DER STANDARD, 31.5.2012)