Bild nicht mehr verfügbar.

Ein Bild aus besseren Tagen. Siegfried Nagl und Vizebürgermeisterin Lisa Rücker.

Foto: Apa/leodolter

Graz - Der Grazer Bürgermeister Siegfried Nagl (ÖVP) hat am Mittwoch die Rathauskoalition von Schwarz und Grün einseitig für beendet erklärt. Gründe dafür sind die unterschiedlichen Ansichten über die Bürgerbefragung zu den Reininghausgründen und der Bereich Mobilität, sprich Umweltzone, Wirtschaftsfragen sowie der Bereich Erneuerbare Energien, insbesondere das Murkraftwerk südlich von Graz. "Da verstehe ich die Grünen nicht mehr", sagte Nagl in einer kurzfristig einberufenen Pressekonferenz. Die Volksbefragung zu den Reininghausgründen hofft er nun wie geplant noch vor dem Sommer und mit Unterstützung der SPÖ durchzuboxen. In Graz wird im Jänner 2013 ein neuer Gemeinderat gewählt.

Er habe Vizebürgermeisterin Lisa Rücker von den Grünen nach der Sitzung mit seinen Gremien telefonisch informiert, sagte Nagl. Von den Bünden habe er die Zustimmung erhalten, ebenso von den ÖVP-Stadtsenatsmitgliedern und dem Klubchef im Gemeinderat. "Ich bin ein sehr geduldiger Mensch", sagte Nagl, aber schließlich sei es zu viel gewesen, er verstehe in vielen Fragen die Grünen nicht mehr. Er sei davon ausgegangen, dass man die Koalition bis zum letzten Tag erfüllen werde, schließlich seien auch rund 80 Prozent der Aufgaben abgearbeitet. Er wolle aber keine Blockaden mehr, man müsse neue Wege gehen, sagte der Bürgermeister. De facto ändert sich im Stadtsenat nichts. Rücker bleibt Vizebürgermeisterin, Nagl wird aber versuchen, sich für diverse Themen wie die Bürgerbefragung zum Reinighaus-Ankauf Mehrheiten zu suchen. Hier bietet sich die SPÖ an.

"Koalitionsfreier Raum"

Wie es nach der Gemeinderatswahl weitergehen werde, beantworte Nagl so: "Wenn es zu einem Bruch mit den Grünen vor der Wahl kommt, dann ist das wohl auch keine Option auf die Zukunft mehr." Die Grünen hatten zuletzt erklärt, es bleibe generell bei der Zustimmung zum 75-Millionen-Euro-Projekt Reininghausgründe, allerdings wolle man sich beim Ausformulieren der Bürgerbefragung die notwendige Zeit bis zum Herbst lassen.

Für das verbleibende halbe Jahr bis zu der Wahl im Jänner 2013 geht Nagl von einem "koalitionsfreien Raum" aus. Mit Hilfe der Grazer Sozialdemokraten wolle man zwei Bürgerbefragungen durchbringen - nämlich eine zu den Reininghausgründen und eine zur Umweltzone. Während man bei dem Reininghaus-Millionenprojekt im Grazer Westen weitgehende Übereinstimmung orten kann, dürfte es sich bei der Umweltzone schwieriger gestalten. Hier gehen die Absichten von Nagl und SPÖ-Chefin Martina Schröck auseinander. Bis nächste Woche werde es in diesem Punkt Gespräche geben.

Rücker: "Wahltaktische Entscheidung"

"Bürgermeister Nagl hat der parteiinternen Zerrissenheit und den vielen Einflüsterern in seiner Partei nicht Stand gehalten und den mit uns Grünen eingeschlagenen, fortschrittlichen Kurs verlassen", sagt Lisa Rücker. Für die Menschen in Graz sei dies ein Rückschritt, so Rücker laut einer Presseaussendung.

Die Entscheidung, sei ausschließlich eine wahltaktische Entscheidung der ÖVP. Kritik übt Rücker an dem Vorwurf, mit den Grünen sei keine direkte Demokratie zu machen. Man wollte die Befragung "seriös und objektiv" vorbereiten - ohne den"Zeitdruck" den die ÖVP laut Grünen aufgebaut hat.

KPÖ: "Hasardeur am Spieltisch"

KPÖ-Stadträtin Elke Kahr meinte: "Nagl handelt in der Grazer Stadtpolitik wie ein Hasardeur am Spieltisch. Der vielbeschworene Zeitdruck ist in der Reininghaus-Frage ganz eindeutig aufseiten der Besitzer des Areals und der finanzierenden Banken und nicht der Stadt Graz." Die Grünen hätten sich viel zu lange vor den Karren der ÖVP spannen lassen. "Die Zustimmung zum Ausgliederung- und Privatisierungskonzept Haus Graz, die Einführung einer Teuerungsautomatik bei Gebühren und Tarifen und andere Verschlechterungen gehen auch auf ihr Konto", so Kahr. BZÖ-Chef Gerald Grosz sah es umgekehrt und sagte, die Koalitionsauflösung komme vier Jahre zu spät. Die Grünen hätten "zum Nachteil der Stadt 90 Prozent ihres Wahlprogrammes umgesetzt" und Nagl vorgeführt. Die Auflösung der Koalition sei ein letzter Verzweiflungsakt der ÖVP. (APA, 30.5.2012)