Der tschechische Präsident Václav Klaus ist nicht dafür bekannt, dass ihm Dinge so herausrutschen. Wenn der Konservative Klaus sich also den ehemaligen Sozialdemokraten-Chef und Expremier Miloš Zeman öffentlich als seinen Nachfolger wünscht, dann ist dies mehrfach bemerkenswert.

Klaus hatte 1998 mit Zeman den sogenannten Oppositionsvertrag geschlossen. Mit diesem demokratiepolitisch einzigartigen Konstrukt sicherte Wahlverlierer Klaus einer Minderheitsregierung unter Zeman zu, sie während der vollen Legislaturperiode nicht zu stürzen - die verbrämte Form einer großen Koalition. Klaus wurde im Gegenzug Parlamentspräsident, was seinen Ambitionen für das Amt des Staatsoberhaupts eine zusätzliche Bühne schuf.

Dankbarkeit scheint also doch eine politische Kategorie zu sein. Zumindest wenn sie die Chance eröffnet, einem Widersacher eins auszuwischen. Nichts anderes bedeuten Klaus' Worte, wonach Präsidentschaftskandidaten "für unser Land etwas getan haben" sollten.

Vor Zeman liegt in den Umfragen hinter zwei anderen Bewerbern Karl Schwarzenberg. Dem proeuropäischen Außenminister, der auch Tschechiens Teilnahme am Fiskalpakt wünscht, ist der Euroskeptiker Klaus in herzlicher Abneigung zugetan. Auch der brennende Wunsch, ihn als seinen Nachfolger zu verhindern, lässt den Präsidenten vom Hradschin in den Wahlkampf hinabsteigen. (Josef Kirchengast, DER STANDARD, 30.5.2012)