Die BBC ist in die Falle getappt. Am 27. Mai bebilderte sie auf ihrer Website einen Bericht über das Massaker im syrischen Houla mit einem Foto, das angeblich die Opfer in weiße Tücher verhüllt zeigt und ein Kind, das darüber hüpft. Tatsächlich wurde dieses Bild schon vor neun Jahren aufgenommen. Der Fotograf Marco di Lauro schoss es am 27. März 2003 südlich von Bagdad.
Er selbst entdeckte, dass die BBC es fälschlicherweise für ihren Artikel verwendete, und gibt an, dass er "fast vom Stuhl gefallen" sei, als er die Website abrief. "Ich bin schockiert, dass ein Nachrichtenmedium wie die BBC ihre Quellen nicht überprüft", meinte di Lauro gegenüber der britischen Zeitung "Telegraph".
"Foto für Propagandazwecke missbraucht"
Die BBC entfernte das Foto kurz, nachdem sie auf den Fehler hingewiesen wurde. Ein Sprecher meinte: "Wir sahen, dass dieses Foto kurz nach dem Massaker im Internet zu zirkulieren begann. Wir haben es verwendet, aber mit dem Hinweis, dass die Echtheit des Fotos nicht verifiziert werden kann. Wie haben uns bemüht, die Ursprungsquelle ausfindig zu machen. Sobald wird wussten, dass es sich um ein Foto aus dem Jahr 2003 handelt, haben wir es entfernt." Ein weiterer Fehler unterlief der BBC, als ein Beitrag über die UNO mit falschem Logo angekündigt wurde.
Marco di Lauro stört sich vor allem daran, dass jemand absichtlich das Foto in Umlauf gebracht haben dürfte: "Jemand hat mein Foto für Propagandazwecke missbraucht."
Authenzitität nicht verizifierbar
Für Journalisten außerhalb des Landes ist es sehr schwierig die Lage in Syrien einzuschätzen. Die wenigsten Fotografen riskieren einen Aufenthalt, um authentische Bilder des bürgerkriegsgeschüttelten Landes zu bekommen. Auch die internationalen Nachrichtenagenturen müssen auf Fotos von unbekannten Quellen zurückgreifen, um überhaupt irgendein Bildmaterial aus Syrien ausschicken zu können. Die meisten dieser Bilder sind mit dem Hinweis versehen, dass man die Authentizität des Fotos nicht verifizieren könne. Ähnliches gilt auch für Nachrichtenmeldungen aller Art aus Syrien, die zumeist von einer Beobachtungsstelle mit Sitz in London kommen. Dennoch: in Zeiten der nie endenden Informationsflut sind Citizen Journalists unabdingbar geworden, wenn es um Berichterstattung aus Syrien geht.
Die undurchsichtige Nachrichtenlage und schwer überprüfbaren Informationen helfen nicht den syrischen Konflikt zu entschärfen. Im Gegenteil: sie verhärten die Fronten zwischen jenen, die einander gegenseitig die Schuld zuschieben. Sie zerstört, je nach Vorfall, die Glaubwürdigkeit beider Seiten im Konflikt – die des syrischen Regimes aber auch die der Regimegegner – und kreiert ein allumfassendes Klima des Misstrauens. Dieses Klima wird es wohl in letzter Konsequenz dazu führen, dass der syrische Konflikt nur mit Hilfe von Außen entwirrt und letztlich beendet werden kann. (ted/derStandard.at, 29.5.2012)