Abtreibung in Österreich: Wie weit reicht der Arm der Kaiserin heute noch in die Köpfe der Frauen?

Foto: Der lange Arm der Kaiserin

Aufklärung ist ein Tabu. Verhütung ist ein Tabu. Schwangerschaftsabbruch ist ein Tabu. Worüber wird dann überhaupt noch geredet? In Österreich ist der Schwangerschaftsabbruch seit 1975 straffrei. In dem Dokumentarfilm der Journalistin Susanne Riegler "Der Lange Arm der Kaiserin" kommen Zeitzeuginnen zu Wort, die die Situation vor 1975 in Österreich erlebten: Wie es war, eine Abtreibung in der Illegalität vornehmen zu lassen, kaum wirksame Verhütungsmittel zu haben bzw. vom Arzt nur die Pille zu bekommen, wenn frau eine Heiratsurkunde vorweisen konnte.

Ein Film für Johanna Dohnal

Riegler hat diesen Film Johanna Dohnal gewidmet, nicht nur, weil sie eine zentrale Kämpferin für die Abschaffung des § 144 war, sondern auch weil Dohnal sie zu der Dokumentation motivierte. Die Frauenpolitikerin befürchtete damals, dass "die Jüngeren kaum eine Vorstellung davon haben, was sich Frauen vor gar nicht so langer Zeit alles erkämpfen mussten. Es ist wichtig, dass sie es erfahren. Dieses Wissen kann vielleicht noch einmal entscheidend für sie sein".

"Der lange Arm der Kaiserin" erzählt also jene Geschichten von Scham, Verdrängung und Leid, bevor der Abbruch in Österreich straffrei wurde. Protagonistinnen und Zeitzeuginnen wie Freda Meissner-Blau, Alfred Rockenschaub, die Rechtshistorikerin Ilse Reiter, sowie Elisabeth Haidler, die 1959 einen illegalen Abbruch daheim am Küchentisch hatte, kommen zu Wort.

Verhütung ist ein modernes Phänomen

Am 31. Mai wird der Film erstmals in Wien gezeigt, im Rahmen der 5-Jahres-Feier des Museums für Verhütung und Schwangerschaftsabbruch (MUVS) im Naturhistorischen Museum. Mit dem MUVS gibt es seit fünf Jahren eine Einrichtung in Wien, die die Geschichte der Verhütung wissenschaftlich und umfassend aufgearbeitet einem breiten Publikum zur Verfügung stellt. "Wirksame Verhütung ist ein modernes Phänomen. Die wichtigste kulturelle Errungenschaft für unbeschwerten und lustvollen Sex", so Christian Fiala, Gynäkologe und Museumsgründer.

Im Anschluss an die Filmvorführung diskutieren dann Beate Wimmer, Wiener Gesundheitsbeauftragte, Ulrike Busch, Professorin für Familienplanung an der Hochschule Merseburg, Elisabeth Parzer, Mitarbeiterin im MUVS und Christian Fiala die Frage "Zwischen machtpolitischer Sexualmoral und moderner Mythen: Wie frei ist Sex heute?". Moderiert wird die Diskussion von dieStandard.at-Redakteurin Beate Hausbichler. (red, 29.5.2012)