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MS greift Gehirn und Nerven an.

Foto: AP/Alastair Grant

Wien - Rund 10.000 Menschen in Österreich leiden an Multipler Sklerose (MS) - einer Erkrankung, deren Ursache nach wie vor nicht genau geklärt ist. "Mit großer Wahrscheinlichkeit ist es eine Kombination von genetischen und Umweltfaktoren. Es gibt aber kein einzelnes MS-Gen", erklärt Karl Vass von der Universitätsklinik für Neurologie der MedUni Wien anlässlich des internationalen MS-Tags am Mittwoch in einer Aussendung. In zwei Studien mit maßgeblicher Beteiligung der MedUni Wien wurde nun die Rolle des MHC Gens bei der Entstehung der Multiplen Sklerose bestätigt beziehungsweise festgestellt, dass die bei Erwachsenen angewandte Diagnostik auch bei Kindern wirksam ist.

Beginn in jungen Jahren

Multiple Sklerose bei Kindern ist selten. Fünf Prozent aller MS-Fälle beginnen in sehr jungem Alter. Betroffen sind eher Jugendliche. "Das hängt möglicherweise mit der Entwicklung von Autoimmunität in der Pubertät zusammen", so Vass. In einer multizentrischen Studie unter der Leitung von Barbara Bajer-Kornek aus dem Team von Karl Vass wurde nun bei 50 jungen MS-Patienten zum Zeitpunkt des ersten Auftretens der Erkrankung festgestellt, dass die bei Erwachsenen angewandte Diagnostik wie etwa die Magnet-Resonanz-Therapie, die Analyse der Rückenmarksflüssigkeit oder elektrophysiologische Untersuchungen auch bei jungen Menschen gute Ergebnisse zeigt und man danach mit der "Off-Label"-Anwendung von Medikamenten - die Dosierung für Erwachsene wird auf Kinder heruntergerechnet, da es zumeist keine Studien dazu gibt - richtig liegt, so Vass.

Die rechtzeitige Diagnose spielt bei der Behandlung der Multiplen Sklerose generell eine ganz bedeutende Rolle. "Je früher wir die Diagnose MS stellen können, desto besser können wir darauf reagieren und Schlüsse für die richtige Behandlung ziehen", so Vass. Im AKH Wien werden rund 1.000 Patienten pro Jahr behandelt. Die Aussichten für die Patienten haben sich in den vergangenen Jahren deutlich verbessert. Wer heute die Diagnose MS bekommt, hat weitaus bessere Chancen, mit weniger Behinderung und höherer Lebensqualität leben zu können.

Vass ist zuversichtlich, dass neue Medikamente das noch weiter verbessern werden. Medikamente, die in Studien getestet werden müssen: "Patienten, die in einer Studie sind, sind zudem viel besser betreut und haben eine bessere Prognose", will der Neurologe die Skepsis gegenüber einer Studien-Teilnahme abbauen helfen.

Auf der Suche nach den MS-Genen

Für die Entstehung der Multiplen Sklerose ist eine Kombination aus genetischen und Umweltfaktoren verantwortlich. Festgestellt wurde auch ein "Nord-Süd-Gefälle": In Schweden und Schottland gibt es zum Beispiel doppelt so viele MS-Erkrankungen wie in Österreich. Das könnte mit der Sonne und dem Vitamin-D-Stoffwechsel zusammen hängen.

Vererbbar ist MS nicht, "aber wenn ein Elternteil Multiple Sklerose hatte, dann erhöht sich das generelle Risiko von 1:1000 auf 1:100", erklärt der Forscher. Feststeht auch, dass es kein einzelnes MS-Gen gibt, das die Krankheit auslöst.

In einer zweiten multizentrischen Studie in Kooperation von MedUni Wien, Medizinische Universität Innsbruck, SMZ-Ost in Wien und Medizinische Universität Graz wurden 900 österreichische MS-Patienten untersucht. Dabei wurde unter anderem die Bedeutung des MHC-Gens für den Ausbruch der Erkrankung nachgewiesen. Allerdings sei dieses Gen nur bei vier Prozent der Betroffenen beteiligt. Dennoch sei diese Erkenntnis ein weiterer Schritt dazu, jene Gene zu identifizieren, die den Ausbruch der Krankheit beeinflussen. (red, derStandard.at, 29.5.2012)