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Nationalbankpräsident Thomas Jordan: Er hat 1993 in seiner Doktorarbeit geschrieben, die Europäische Währungsunion sei ein krisenanfälliges Konstrukt, an dem sich eigentlich nur wenige, wirtschaftlich starke Länder beteiligen könnten.

Foto: Reuters/Buholzer

Genf/Wien - Die Schweizer Nationalbank trifft Vorbereitungen für den Fall, dass die Euro-Gemeinschaft auseinanderbricht. Der neue Schweizer Nationalbankpräsident Thomas Jordan sagte der in Zürich erscheinenden "Sonntagszeitung". "Wir müssen auch für den Fall der Fälle vorbereitet sein, dass die Währungsunion zusammenbricht, obwohl ich nicht damit rechne."

Er betonte: "Eine Maßnahme wären Kapitalverkehrskontrollen, also Vorkehrungen, die den Zufluss von Kapital in die Schweiz direkt beeinflussen. Ich kann hier nicht in die Details gehen. Wir identifizieren diese Instrumente für den Fall, dass weitere Maßnahmen nötig wären."

Jordan gehört zu einer Arbeitsgruppe des Bundes in der Schweiz, die sich hauptsächlich auf Instrumente zur Bekämpfung der Franken-Stärke konzentriert, aber auch Strategien für schlimmere Währungsszenarien entwirft.

Eingestellt auf unruhige Zeiten

"Wir gehen nicht davon aus, dass Griechenland aus der Währungsunion austritt", sagte Jordan. "Unser Basis-Szenario rechnet mit einer längeren Phase größerer Schwierigkeiten. Die Situation wird sich erst beruhigen, wenn die Spar- und Reformanstrengungen in der Eurozone wirken. Das kann noch sehr lange gehen. Wir stellen uns also auf sehr unruhige Zeiten ein."

Ausschließen lasse sich allerdings auch dieser Fall nicht, meinte Jordan. "Unabhängig davon, ob Griechenland in der Eurozone bleibt oder nicht, kann es möglicherweise zu einer Ansteckung anderer Länder kommen und somit die Schuldenkrise weiter eskalieren."

Krisenanfälliges Konstrukt

Jordan hatte 1993 in seiner Doktorarbeit geschrieben, die Europäische Währungsunion sei ein krisenanfälliges Konstrukt, an dem sich eigentlich nur wenige, wirtschaftlich starke Länder beteiligen könnten. "Meine Dissertation beruht auf ökonomischen Analysen und gesundem Menschenverstand, was mich zu dieser skeptischen Prognose führte", sagte Jordan knapp 20 Jahre später der "Sonntagszeitung".

"Meine Dissertation hatte lange vor deren Gründung auf die Problematik der Ungleichgewichte bei der Verschuldung und den Defiziten innerhalb der Eurozone hingewiesen. Jetzt sehen wir, dass die Eurozone genau aus diesen Gründen nicht wie gewünscht funktioniert hat und es Korrekturen braucht." (APA, 27.5.2012)