Dusty Thornhill (2) wird sich am Sonntag in der Generali Arena wieder quer legen. Der Runningback der Vikings spielte 2011 noch beim Gegner aus Schwäbisch Hall.

Foto: stefan wilfinger/afl-headset.at

Das Herz der heimischen Footballfans für die EFL schlug schon mal höher. Sieben Mal in den vergangenen Jahren ging der Pokal nach Österreich [ Wien (2004-2007) bzw. Innsbruck (2008, 2009 und 2011)]. Nicht alleine die österreichische Dominanz hinterlässt einen faden Beigeschmack, auch die stete Abwesenheit mancher Top-Klubs. Heuer fehlen spürbar der deutsche Vizemeister Kiel und der schwedische Champion Carlstad. Die Gründe der Nichtteilnahme sind unterschiedlicher Natur. Den Deutschen ist der Bewerb einfach zu teuer und zu unattraktiv, die Schweden liegen im Clinch mit dem Präsidenten des europäischen Verbandes und zahlen lieber eine Strafe von ein paar tausend Euro. Dafür spart man sich unattraktive Gegner im Grunddurchgang, viele Kilometer und vermutlich auch einiges an Ärger.

Der europäische Verband neige nämlich dazu die Dinge schleifen zu lassen, glaubt man dem Gros der Vereine und genießt dabei nicht gerade den Ruf eines innovativen und hart arbeitenden Think Tanks. Der Weltverband IFAF, dem mit Tommy Wiking der Mann vorsitzt, der auch die Schweden zu Hause lässt, möchte das ändern und will die kontinentalen Verbände in Dependancen der IFAF umwandeln. Wo er dann das Sagen hätte, hat er dann auch noch was zu sagen. Denn auch dessen Beliebtheitswerte bei den nationalen Verbänden sind in einem durchwegs überschaubaren Bereich angesiedelt, womit von Außen betrachtet einen Pattsituation herrscht: Regen oder Traufe?

An den Vorhaltungen ändert sich seit Jahren nichts. Ebenso wenig an angedachte Konsequenzen. Krame ich im Archiv, sind es heute wie vor fünf Jahren ähnliche Geschichten. Die EFAF arbeitet wenig, verlangt dafür viel, den Bewerb halten die Klubs selbst am Leben. Vor allem jene aus Österreich, mit ihren hübschen Stadien, fleißigen TV Sendern und tatsächlich zahlenden Zuschauern. Das letzte Finale außerhalb der Alpenrepublik vergab die EFAF vor neun Jahren an Braunschweig. Seither hat man sich an die Football-Business-Class Austria gewöhnt. Kein anderes Land hat weichere Betten und das Beste daran ist, dass Wien und Innsbruck den Preis für die Ausrichtung von Spielen gegenseitig in die Höhe treiben, um dann zu glauben, dass sie es ja eh nicht tun. Man werde da nicht mehr lange mitspielen, sagte Vikings Präsident Karl Wurm anno 2007 und auch 2012 sagt er das wieder.

Das Mysterium der ITC

I-T-C. Diese drei Buchstaben stehen für „International Transfer Card" und als Beispiel für die EFAF'sche Unwucht. Die (ITC) braucht ein Spieler, will er innerhalb Europas von einem Verein im Land A zu einem Verein in Land B wechseln. Innerhalb einer Spielzeit gibt es keine Wechsel, immer nur nach Ende einer Saison. Bestätigt muss die ITC vom nationalen Verband werden, wo der Spieler zuvor eine Lizenz hatte. Hat der Spieler sich z.B. etwas zu Schulden kommen lassen, kann der nationale Verband die Bestätigung auch verweigern. Steht er weiterhin unter Vertrag bei einem seiner Vereine, dann natürlich auch. Diese Karten kosten Geld. 200 Euro. Die Lizenz zum Spielen ist erst gültig, wenn die ITC an die EFAF ergangen ist. Das steht so geschrieben, trifft aber nicht immer, wenn nicht sogar meistens nicht zu.

Drei Sub-Beispiele dazu:

1.) Die Calanda Broncos haben sieben Spieler auf ihrem Roster, die eine ITC, unterzeichnet vom AFBÖ, benötigt hätten, um in Chur überhaupt spielen zu dürfen. Die haben sie nun seit dem 10. Mai auch, nur davor haben sie bereits Spiele gegen Helsinki im Rahmen der EFL ausgetragen. Das offenbar ohne ITC. Eine Reaktion der EFAF auf eine offizielle Anfrage des hiesigen Verbandes steht aus. Offenbar fehlen hier die Worte. Ich bin bekanntlich kein besonderer Freund der Personalpolitik der Schweizer, muss sie hier aber vorsorglich in Schutz nehmen, da es durchaus sein kann, dass es nicht ihr Versäumnis war.

2.) Ihr kommender Gegner, die JCL Giants Graz, wollten (und werden nun auch) einen Spieler einsetzen, der (ohne ihres Wissens) in Italien heuer gespielt hat. Ergo damit gar nicht mehr für Graz spielberechtigt wäre. Das Problem ist nur, dass die Italiener nie eine ITC angefordert und daher auch nie eine bekommen haben. Alleine hätten sie auch gar keine bekommen, da der Spieler eine gültige Lizenz bei den Giants hat und für diese auch spielte und spielt. Das heißt auch, der Spieler war in Italien gar nicht spielberechtigt. Der Spieler selbst (der US-Amerikaner Gavin Romanick) wusste von der Regel angeblich nichts und die EFAF, wie auch die Giants, wussten bis vor kurzem nicht, dass er überhaupt in Italien gespielt hat, da es auch keine Datenbank dazu gibt und dem Spieler selbst das keine Meldung wert schien. Nun hat die EFAF entschieden, dass er für Graz spielen darf, weil er offensichtlich „illegal" in Italien gespielt hat. Die Grazer sollen nun aber 250 Euro Strafe zahlen, weil sie überprüfen hätten müssen, was die EFAF nicht überprüft hat. Nämlich ob ein Spieler zweigleisig fährt. Das ist kein Scherz!

3.) Es gibt neben dem Churer Septett noch eine Unzahl an ehemaligen Spielern der AFL, die zu anderen Klubs in Europa gewechselt sind, ohne sich jemals Gedanken über eine ITC gemacht zu haben. Auch von 2011 auf 2012 wieder. Warum diese offenbar keine ITC benötigen, bei Fällen wie Romanick die EFAF aber sofort auf der österreichischen Fußmatte steht, darüber kann man jetzt spekulieren. Die EFAF kann von mir übrigens gerne eine Liste nicht spielberechtigter Spieler in Europa (ohne ITC) haben. Ich verlange pro Spieler lediglich 200 Euro, die ich einer karitativen Einrichtung zu Gunsten Sehbehinderter in Europa spenden würde.

Wenn man diese Vorgänge aus nächste Nähe mitbekommt - ich mache für den AFBÖ die Medienarbeit, habe mit der Sache selbst (zum Glück) nichts zu tun - macht einem das krank und bitter. Wir versuchen Hundertschaften in Stadien zu locken, stellen richtig gute Partnerschaften auf die Beine, bringen die Spiele in die großen Stadien, haben den ORF (zumindest bei der AFL) auf unserer Seite, haben die großen Printmedien für uns gewonnen und dann steht dir mit der EFAF ein Schnarchzapfen gegenüber, dessen einzige Leistung offensichtlich darin besteht, Rechnungen auszustellen. Da ist man übrigens schnell wie der Wind. So geht es wohl wirklich nicht weiter.

Schimmel und Pferd

Da es aber weiter gehen muss, zumindest 2012 noch, kommen wir zu den positiven Dingen, denn bisher redete ich über Amtsschimmel und nicht über richtige Pferde.

In den vier Viertelfinalspielen sind vier AFL Teams vertreten. Was nicht weiter verwundert, da die Halbfinalisten von 2011 automatisch mit Heimrecht dafür qualifiziert waren. Das sind die Swarco Raiders, Raiffeisen Vikings, JCL Giants und - als einziger nicht heimischer Klub - die Berlin Adler. Der vierte AFL-Klub wurde aus einem Bundesligaspiel ermittelt, bei dem sich die Prague Panthers gegen die Danube Dragons durchgesetzt haben.

Revanche für 2002

Das bringt uns auch gleich zum wohl eindeutigsten Spiel der Runde. Die Tschechen gastieren bei den Raiders in Wattens (der Rasen am Tivoli wird getauscht - der Winter war's, nicht die Footballer) und die Chancen auf einen Sieg der Panthers tendieren gegen Null. Die Prager konnten im Rahmen der AFL die Raiders noch nie fordern, befanden sich bisher meilenweit von einem vollen Erfolg über die Tiroler entfernt. Die Raiders betonen immer wieder, dass sie gegen die Panthers in der EFL das letzte Spiel mit 20:54 ja verloren haben. Was nicht dabei steht ist, dass das vor mehr als einem Jahrzehnt (im April 2002) passierte. Seither gab es in der AFL vier Spiele und die Bilanz ist mehr als deutlich. 4-0 Siege Raiders, oder in Punkten ausgedrückt 161:48. Alles andere als ein Einzug der Silver & Black ins Halbfinale wäre eine Sensation. Das ganze gibt es Live zu sehen auf raidersTV.

(„Fun Fact": Sollten die Raiders in der AFL das Rückspiel gegen die Vikings mit mehr als sieben Punkten gewinnen, dann könnten sie heuer noch ein viertes Mal auf Prag treffen.)

Gruppe A
Swarco Raiders Tirol vs. Prague Panthers (CZE)
26. Mai 2012 20:00 Uhr, Alpenstadion Wattens

Schweizermacher gegen Riesensprösslinge

Ganz anders sieht die Ausgangslage in Graz aus, wo man die Gäste aus der Schweiz favorisieren kann. Die Broncos, denen mit Walter Tribolet ein Schweizer Multimillionär vorsteht, kauften in Europa so gut wie alles ein, was bei drei nicht auf den Bäumen war. Fündig wurde man u.a. in Dresden, Berlin, Hohenems, Innsbruck und Wien - der Eigenbau ist eher noch Zuseher bei diesem EU/US-Team. Der wichtigste Mann steht aber mit Geoff Buffum an der Sideline. Der US-Coach und ehemalige Quarterback trägt die Hauptverantwortung für den Aufstieg der Raiders in den Nullerjahren und coacht nun - u.a. gemeinsam mit Jakob Dieplinger aus dem Staff des heimischen Nationalteams - das Team aus Chur. Um die Giants, das ist die gute Nachricht, muss man sich in Zukunft wenig Sorgen machen, in dem Spiel aber umso mehr. Nicht nur die lange Liste der Ausfälle (Manager Christoph Schreiner hat sich wieder umgezogen!), auch das „Alter" der Mannschaft sagt einem, dass das gegen diese Broncos Mannschaft eventuell nicht langen wird. Die neuen Spieler sind allesamt hoch talentiert, aber durch die Bank eben noch Milchgesichter, denen die Erfahrung, die es am Samstag braucht, fehlt. Sollten wider Erwarten die Grazer ins Halbfinale einziehen, dann wäre das - zumindest aus meiner bescheidenen Sicht - der größte Erfolg der Mannschaft seit dem Gewinn der Austrian Bowl 2008.

Gruppe B
JCL Giants Graz vs. Calanda Broncos (CH)
26. Mai 2012 15:00 Uhr, Stadion Eggenberg Graz
Live auf Football-Austria

Semmel, Brötchen, Marmelade, Wuascht!

Die Vikings bemühen einmal mehr den Ö-D Vergleich. Die Deutschen kommen! Dieses Mal ist es der amtierenden Champion der German Football League, die Schwäbisch Hall Unicorns. Der Klub aus Baden-Württemberg ist quasi die Anti-These zu Calanda. Jahrelang hat man das Team aus eigener Kraft aufgebaut, mit Siegfried Gehrke steht dem Unterfangen ein charismatischer Footballdenker zur Seite, der sein Baby mit Umsicht und Know-How zu dem gemacht hat, was es heute ist. 2011 war es soweit - der erste Titel für die Schwaben kam nicht zufällig. Ein unglaublich sympathisches Team, umso trauriger ist es, dass sie in Wien ihr einziges Horn von den nordischen Doppelhörnern wohl kräftig poliert bekommen werden. Mir schwant Übles für die Schwaben, hoffe mich dabei zu täuschen, denn ich mag schon sehr, was sie da tun. Die Vikings 2012 scheinen jedoch immer besser in Form zu kommen, haben den Unicorns den Runningback Dusty Thornhill abgeworben und ihr neuer Quarterback, US-Mann Jake Spitzelberger, ist noch nicht ganz der Ersatz für den formidablen Aaron Boehme aus dem Vorjahr. Prompt setzte es in der GFL auch die erste Niederlage seit 18 Spielen. Stuttgart hat es getan und das kam ebenfalls nicht überraschend, denn auch die Unicorns stehen nach dem Titelgewinn vor einem Umbau.

Das Spiel läuft live im GFL-Radio. Ich habe die große Ehre es gemeinsam mit dem gescheitesten Football-Franzosen der in Deutschland lebt, Nicolas Martin, zu kommentieren. Wir hatten schon bei der EM 2010 die Ehre und freuen uns beide sehr auf diese Partie.

Gruppe C
Raiffeisen Vikings vs. Schwäbisch Hall Unicorns (GER)
27. Mai 2012 15:00 Uhr, Generali Arena Wien

Im einzigen Spiel ohne heimischer Beteiligung kommt es zum Duell Berlin vs. London. Die Briten haben, durchaus überraschend, den zweimaligen Finalisten Paris eliminiert und kommen mit einem für die Deutschen etwas vorbelasteten Namen in die Hauptstadt: London Blitz. Der EFAF-Champion des Vorjahres ist zumindest ein unangenehmer Gegner für die Adler, die seit dem EFL-Triumph im Jahr 2010 spürbar den Rückwärtsgang eingelegt haben. Wobei sie in der GFL 2012 bisher (drei Spiele) ungeschlagen sind. 2011 endete die Saison nach einem 7-7 Grunddurchgang im Viertelfinale gegen Schwäbisch Hall. Das Matchup birgt zumindest ein kleines Überraschungspotential in sich.

Gruppe D
Berlin Adler (GER) vs. London Blitz (GB)
27. Mai 2012 14:00 Uhr, F.-L. Jahn Stadion Berlin

AFL-Pause bis Juni

Die Bundesliga in Österreich geht erst am 2. Juni weiter. Die achte Runde erlebte in der Vorwoche einen zu erwartenden Kantersieg der Giants über die Rangers, die ihrerseits den ersten Gewinn eines Viertels (!) abfeierten. In der Generali Arena traten die Danube Dragons zur zweiten Blue River Bowl anno 2012 an, hatten ihren neuen Quarterback Jonathan Dally wieder mit an Bord, am Ergebnis (37:7 Vikings) änderte das aber nicht viel. Die Überlegenheit der Wikinger vor 4.200 Zuschauer war drückend und der Sieg stand nie in Frage. Die Dragons werden wohl oder übel ein Spiel aus der Serie vs. Raiders (2.Juni) und @Giants (23. Juni) gewinnen müssen, um das Halbfinale der AFL noch zu erreichen. Angesichts der Darbietung am Verteilerkreis wird das ein schwieriges Unterfangen, die Drachen haben aber nun viel Zeit, um vor allem ihre Offense aus der stabilen Seitenlage wieder aufzurichten.

AFL Woche 8

Raiffeisen Vikings vs. Danube Dragons 37:7
Kornmesser Rangers vs. JCL Giants Graz 7:54

Tabelle:
1. Raiffeisen Vikings Vienna 8-0
2. Swarco Raiders Tirol 7-1
3. JCL Giants Graz 5-3
4. Danube Dragons 3-5
5. Prague Panthers 1-7
6. Kornmesser Rangers 0-8

(Walter Reiterer, 25.5.2012)