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Die österreichische Abrüstungsaktivistin Judith Majlath (Bild) kämpft darum, dass die Ermordung ihrer Schwester, der Tierschützerin Eva Rhodes, aufgeklärt wird.

Foto: AP/LILLI STRAUSS

London/Wien - Die Untersuchung von Knochenteilen der 2009 in Ungarn ermordet aufgefundenen Tierschützerin Eva Rhodes durch britische Spezialisten bringt neue Brisanz in den Mordfall, der sich zu einem Vertuschungsskandal von Polizei und Justiz in Ungarn auswachsen könnte. Die Untersuchungsbeamtin des Londoner Stadtteils Westminister, Fiona Wilcox, stellte bei einer Anhörung in der Vorwoche den in Ungarn angestellten forensischen Untersuchungen ein vernichtendes Zeugnis aus. Es gebe Hinweise, dass Eva Rhodes brutal zu Tode geprügelt worden sei.

Bericht aus Ungarn inkonsistent

Der forensische Bericht aus Ungarn sei ebenso inkonsistent wie das Geständnis des Täters, der von der ungarischen Justiz zu 13 Jahren Haft verurteilt worden war. Es stelle sich sogar die Frage, ob mehrere Personen in die Tat involviert waren, zitierte die britische Tageszeitung "Independent" die Ermittlerin. Bereits zuvor wirkten britische Stellen in Sachen Eva Rhodes alarmiert.

Die Schwester des Opfers, die österreichische Abrüstungsaktivistin Judith Majlath, wurde von britischen Beamten einvernommen und legte Unterlagen vor, die sie in rastloser Kleinarbeit zusammengetragen hatte. Sie hatte auch die sterblichen Überreste der Schwester, die ihr zur Bestattung übergeben wurden, nach London gebracht und dort eine weitere forensische Untersuchung durch britische Experten durchgesetzt. 

Berühmte Forensikerin untersuchte Knochen

Der zuständige Coroner beauftragte in der Folge eine schottische Forensikerin von Weltrang, Gaille MacKinnon, mit der Untersuchung der Knochen und Überreste. MacKinnon war auch bei der Untersuchung der Massenmorde im bosnischen Srebrenica und der Opfer der Anschläge von 9/11 in New York im Einsatz.

Wilcox zitierte laut "Independent" aus dem Gutachten von MacKinnon, dass die ungarischen Behörden die Überreste nicht einmal ordentlich gereinigt hätten. Deshalb habe gar nicht festgestellt werden können, welche Verletzungen dem Opfer vor und nach dem Eintreten des Todes beigebracht wurden. Die Expertise kulminiert in der Feststellung: "Hätten sie die Knochenteile gereinigt, hätten sie schwere Verletzungen gefunden, die dem noch lebenden Mordopfer beigebracht wurden. Es sind zu viele Ungereimtheiten im Geständnis und im ungarischen Forensik-Bericht." Das alles "deutet auf die Involvierung anderer Parteien in den Mord hin".

Schwerer Vorwurf der Vertuschung

Judith Majlath sagte bei der Anhörung in London aus, dass sie Besorgnis habe, es könnte im ungarischen Györ wegen Hinweisen auf eine Involvierung eines Ex-Polizisten zu Vertuschungen gekommen sein. Es handelt sich um jenen Polizisten, der bei einer Polizeiaktion gegen das Tierheim in Böny nahe Györ im Jahr 2002 gegenüber Eva Rhodes und ihrer Tochter gewalttätig wurde. Ungarn wurde deshalb am Eriopäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) in Straßburg wegen unverhältnismäßiger Polizeigewalt zu einer Geldstrafe verurteilt.

Die Angehörigen des Opfers, allen voran ihre Schwester Judith Majlath, ziehen jetzt wieder vor das Gericht in Straßburg, weil die Rechte der Angehörigen im ungarischen Verfahren auf das Gröbste verletzt worden seien. Majlath gibt sich kämpferisch: In Györ habe man von Anfang an mehr gewusst, als den amtlichen Dokumenten zu entnehmen ist.

Sie nennt das Beispiel eines Journalisten, der ihr kurz nach einem Lokalaugenschein der Polizei nach Auffinden der Überreste telefonisch jene Details der Ermordung von Eva Rhodes geschildert habe, die jetzt in London von der Ermittlerin herausgefunden wurden. Anstatt allen Hinweisen nachzugehen, habe man in Györ versucht, die Angehörigen bei den polizeilichen Ermittlungen und auch in der Gerichtsverhandlung einzuschüchtern. Sie selbst habe als Zeugin nie aussagen können, kritisierte Majlath.

Der Mörder wurde im Dezember 2011 von einem Berufungsgericht in Györ zu 13 Jahren Haft verurteilt. Damit revidierte das Gericht die Verurteilung zu zehn Jahren Haft im Erstverfahren um drei Jahre nach oben. Das Berufungsgericht bestätigte die Feststellung des erstinstanzlichen Komitatsgerichts, dass der Täter Csaba A. die Aktivistin in dem von ihr betriebenen Tierheim in Böny nahe Györ erschlagen und verbrannt habe.

Rhodes verschwand 2008

Die britische Staatsbürgerin, die in jungen Jahren die Hauptrolle in einem von Yoko Ono gedrehten Experimentalfilm gespielt hatte, verschwand im September 2008. Sieben Monate später wurden ihr Schädel und einige wenige Knochenstücke auf dem Grundstück des Tierheims gefunden. Der Rest des Leichnams blieb bis heute verschwunden.

Das Verfahren in Westminister ist noch nicht zu Ende. Vergangene Woche gab es eine erste Sitzung. Die Untersuchungsbeamtin vertagte auf Jänner 2013, um der Familie Gelegenheit zu geben, den Fall vor den EGMR zu bringen. Der Termin in Straßburg steht noch nicht fest. (APA, 25.5.2012)