Sie fühlen sich immer sicherer und werden daher immer frecher. Was dieser Tage der Anwalt eines wegen Wiederbetätigung angeklagten jungen Mannes mit einem Zeugen aufführte, war schon die halbe Machtergreifung im Gerichtssaal.

Der Zeuge hatte eine einschlägige Neonazi-Veranstaltung miterlebt, komplett mit glorifizierender Rede auf Hitler und Hitlergruß. Der Herr Rechtsanwalt versuchte den Zeugen zu verunsichern, indem er minutenlang obskure Texte über Hitler vorlas und dann selbst Varianten des Nazi-Grußes vorführte. Das Gericht brauchte einige Zeit, bis es diesem Treiben ein Ende setzte. "So etwas habe ich in dreißig Jahren nicht erlebt", sagte einer der beisitzenden Richter.

Das passt, denn so selbstsicher und frech sind die extremen Rechten erst wieder in den vergangenen Jahren geworden. Sie wittern Morgenluft - die Wahlerfolge Straches mögen da eine Rolle spielen, aber auch die relativ starke Neigung unter Jugendlichen, in einer extremen Ideologie einen Halt zu finden. Die Zahl der rechts radikalen Straftaten und Auffälligkeiten ist auch merkbar angestiegen.

Der demokratische Staat wehrt sich, indem er eben Leute wie den einschlägig bekannten Gottfried Küssel und einige seiner Jünger vor Gericht bringt (wegen Initiierung einer Neo nazi-Website). Aber man merkt, dass diese Leute und ihr Umfeld glauben, der Zeitgeist sei auf ihrer Seite. (Hans Rauscher, DER STANDARD, 25.5.2012)