Joey Ramone Ende der 1990er- Jahre zu Hause in Downtown New York.

Foto: Mutated

Die Botschaft ist einfach und folgerichtig. Zuerst kommt eins, dann, zwei, dann drei, dann vier. Dann kommt der Auftakt vom Schlagzeug und eine schlank gehaltene Band verbreitet mit bescheidenen Mitteln und herzhaft wie kräftig gehandhabten Instrumenten eine simple Tatsache: "Rock'n'Roll is the answer."

Mittelsmann Joey Ramone, Frontmann der wegbereitenden New Yorker Punkband Ramones ist zwar 2001 im Alter von nur 49 Jahren an einer heimtückischen Krankheit gestorben. Nach dem posthum erschienenen Soloalbum "Don't Worry About Me" und dem Hit "What A Wonderful World" von 2002 liegt nun allerdings mit "... Ya Know?" eine weitere Sammlung nachträglich bearbeiteter Songskizzen vor.

Selbstverständlich kann man solchen Unternehmungen auch zynische Geschäftemacherei der Nachlassverwalter vorwerfen. Nicht nur Jimi Hendrix kann davon erst ein nach seinem Tod veröffentlichtes Doppel- oder Dreifachalbum singen, sondern vor allem auch Rapper Tupac Shakur. Letztgenannter geht nach fast zwei Handvoll posthum auf den Markt geworfenen Alben gerade als Hologramm mit Begleitband auf US-Tournee. Im Falle Joey Ramones ist das Material allerdings keine zu Lebzeiten zu Recht verworfene Ausschussware. Unter den 15 vorliegenden Liedern findet sich mitunter das stärkste Material seiner Soloversuche ab 1996.

Damals lösten sich die Ramones nach 22 Jahren auf und hinterließen mit den fünf ersten Alben eine bis heute gültige Steilvorgabe für alle Menschen mit einem Drang zu schneller, einfacher Rockmusik: "Ramones", "Leave Home", "Rocket To Russia", "Road To Ruin" sowie "It's Alive", das beste Livealbum aller Zeiten. 28 Songs in 54 Minuten. Mehr kann man für sein Geld nicht kriegen.

Alte Weggefährten wie Joey Ramones Bruder Mickey Leigh oder Produzent Ed Stasium haben nun auch die Fertigstellung von "... Ya Know?" betreut. So wie das Werk der Ramones ab 1980 findet sich darauf selbstverständlich mancher Durchhänger. Großteils aber setzt Joey Ramone altbewährt starke Akzente.

Einige Beispiele: Die Single "Rock'n'Roll Is The Answer" wurde auf Vinyl schon im April anlässlich des internationalen Record Store Days veröffentlicht und jubiliert mit hellen Akkorden einen Lebensstil herbei der "Saturday Night" auf "feeling alright" reimt. "New York City" ist Joeys wundebar geknödeltes Loblied auf seine Heimatstadt. "Party Line" erklärt sich von selbst.

Das wunderbar an die Melancholie von Sixties-Hitparadenbands wie The Shangri-las angelehnte "Merry Christmas (I Don't Wanna Fight)" ist schon länger bekannt. Hier hört man eine zu Hause im Wohnzimmer aufgenommene intime Version, die am Ende arrangementmäßig zur großen Form der Taschenoper aufläuft. "21st Century Girl" ("Night time is the right time") sowie die große gesellschaftliche Anklage "There's Got To Be More To Life" kann man mitsingen, ohne die Lieder zu kennen; Klischeeverdichtung pur, aber wunderbar breitbeinig rockend.

Weitere Beteiligte an den Aufnahmen waren Joan Jett, Steven Van Zandt aus der Bruce Springsteen Band, der ehemalige Ramones-Drummer Richie Ramone, Lenny Kaye von der Patti Smith Group und Leute von Cheap Trick, The Dictators oder The Smithereens. Allesamt rocken sie als Überlebende einer untergegangenen Ära New Yorks, in der man zwar mit zerrissenen Jeans in Kellerlöchern wohnte, aber Rock'n'Roll immer noch als Signal des Aufbruchs deutete. (Christian Schachinger, Rondo, DER STANDARD, 25.5.2012)