Die Mischungen haben etwas, das anderen Bieren zunehmend fehlt: intensiven Geschmack.

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Neun verschiedene Radler enthält die Radlerbox, die derzeit höchst erfolgreich die Produkte mittelständischer Brauereien unters bier- und radlertrinkende Volk bringt. Man muss kein besonderer Freund der Biermischgetränke sein, um festzustellen: Die Mischungen haben etwas, das anderen Bieren zunehmend fehlt: intensiven Geschmack. Ob es nun das Preisel-Beer von Murauer ist oder der Grapefruit-Radler von Mohren, der Kräuter-Radler aus Hirt oder der Zwetschken-Radler aus Zwettl - sie alle schmecken viel intensiver als die Grundbiere, aus denen sie gemischt sind.

Für Bier gilt nämlich seit Jahrzehnten das selten hinterfragte Verkaufsrezept, dass das Produkt nach möglichst wenig schmecken sollte, damit es wirklich erfolgreich vermarktet werden kann.

Geschmackliche Verschlankung

Man muss nicht gleich an Miller Lite und Bud Light denken, wenn man sich über geschmacksarme Biere unterhält. Auch in unseren Breiten hat sich bei den meist als Märzen verkauften Hauptsorten der Brauereien ein Trend zur geschmacklichen Verschlankung eingeschlichen. Das Stiegl Goldbräu etwa, Österreichs erfolgreichste Biersorte, ist wahrscheinlich auch deshalb so erfolgreich, weil die Stieglbrauerei in den vergangenen beiden Jahrzehnten völlig umgebaut worden ist und heute mit neuer Sudhaus- und Gärkellertechnik ein saubereres und schlankeres Bier brauen kann als noch vor einem Jahrzehnt - absolut fehlerfrei, sauerstoffarm und daher gut haltbar, aber eben auch ein wenig milder und unaufdringlicher.

Biere mit Ecken und Kanten

Und die Brauer brauen, was die Technik hergibt - es herrscht ja die Vorstellung, dass Biere mit Ecken und Kanten den einen oder anderen Konsumenten, vor allem aber potenzielle Konsumentinnen verwirren, vor den Kopf stoßen, vielleicht sogar vertreiben könnten. Da dürfte sogar etwas dran sein - es gibt zweifellos Konsumenten, die beim Trinken nicht durch Geschmack von der angestrebten Wirkung des Alkohols abgelenkt werden wollen. Andererseits zeigt gerade der Boom bei den Biermischgetränken, dass viele Konsumenten intensiv schmeckende Getränke kaufen und trinken wollen - ohne dabei berauschende Alkoholwerte zu erreichen.

Warum dann nicht zur Abwechslung einmal Bier mit Biergeschmack - wirklich intensivem Biergeschmack mit betonten Hopfen- oder Malz- oder Gärungsaromen, mit Süße oder Bittere oder beidem - anbieten? Konsumenten wären vorhanden. (Conrad Seidl, Rondo, DER STANDARD, 25.5.2012)