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4,56 Milliarden hat die Anleihe in die deutsche Staatskasse gespült.

Foto: AP/thomas kienzle

Berlin- So billig wie Wolfgang Schäuble hat bisher noch kein deutscher Finanzminister neue Schulden gemacht: Erstmals in der Geschichte lieh sich der deutsche Staat Milliarden von Anlegern, ohne dafür auch nur einen Cent an Zinsen zahlen zu müssen. Trotzdem rissen sich die Anleger heute um die Bundesschatzanweisungen mit zweijähriger Laufzeit.

Die Versteigerung der mit einem Zinskupon von null Prozent ausgestatteten Papiere spülte am Mittwoch knapp 4,6 Milliarden Euro in die Staatskassen, wie die für das Schuldenmanagement zuständige Finanzagentur mitteilte. Die Nachfrage war robust: Sie übertraf das Angebot um das 1,7-Fache. Das Ergebnis sei für den Bund als "wirtschaftlich sehr gut zu bewerten", sagte ein Sprecher der Finanzagentur. "Die Suche nach Qualität wird eindrucksvoll unterstrichen." Weitere 1,3 Milliarden Euro nahm der Bund mit einer bis 2023 laufenden Anleihe ein, bei der er das Inflationsrisiko übernimmt und die mit einem Zinskupon von 0,1 Prozent ausgestattet ist.

Keine negativen Zinsen geplant

Die Finanzagentur hat sich bei ihrer Entscheidung für einen Zinskupon von null Prozent am Markt orientiert. Dort liegt der Zins derzeit bei 0,04 Prozent - zum Vergleich: für österreichische zweijährige Papiere liegt er bei 0,50 Prozent. "Der Bund beabsichtigt nicht, Bundeswertpapiere mit negativen Kupons zu begeben", sagte der Sprecher der Finanzagentur. "Ein Kupon von null Prozent stellt insoweit eine Untergrenze dar."

Grund für das große Interesse der Anleger an den unverzinsten Bundeswertpapieren ist deren Status als sicherer Hafen. "Wer einen Parkplatz für sein Geld sucht, der kommt um deutsche Papiere nicht herum", sagte Commerzbank-Analyst David Schnautz. "Für die Anleger geht es um den puren Kapitalerhalt. Bei deutschen Papieren können sie sicher sein, das eingesetzte Geld in voller Höhe zurückzubekommen."

Für die Geldgeber besteht sogar noch die Chance, die Anleihen an den Märkten mit Gewinn zu verkaufen. "Sollte die Schuldenkrise weiter eskalieren, treibt das die Anleger noch mehr in deutsche Papiere", sagte Schnautz. "Deren Kurse können durch die starke Nachfrage steigen, so dass am Ende doch noch eine gute Rendite stehen könnte."

Niedrige Zinsen als Problem für Lebensversicherer

Deutschland muss sich in diesem Jahr 252 Milliarden Euro bei Investoren leihen, um Altschulden zu tilgen und neue Schulden zu finanzieren. Während Finanzminister Schäuble Milliarden an Kosten spart, stellt das niedrige Zinsniveau für Lebensversicherer und Pensionsfonds ein großes Problem dar. Sie sind aufsichtsrechtlich verpflichtet, einen Großteil ihres Geldes in möglichst ausfallsichere Staatsanleihen zu stecken. Da die Inflationsrate in Deutschland derzeit bei gut zwei Prozent liegt, liegen die Realzinsen im negativen Bereich. Für Lebensversicherer ist es damit schwierig, hohe Renditeversprechen einzuhalten.

Im Jänner war dem Staat sogar das bis dahin einmalige Kunststück gelungen, mit Schulden Geld zu verdienen. Beim Verkauf von Geldmarktpapieren mit einer Laufzeit von sechs Monaten nahm der Bund 3,9 Mrd. Euro ein - bei einem durchschnittlichen von minus 0,0122 Prozent.

Differenz der Euroländer

Ganz anders ist die Lage in den krisengeschüttelten Staaten Italien und Spanien. Dort stiegen die Marktzinsen für zehnjährige Staatsanleihen weiter und liegen nun jeweils bei rund sechs Prozent. Zum Vergleich: Für deutsche Papiere werden nur 1,4 Prozent verlangt - für österreichische 2,44 Prozent.

Auch wegen dieser enormen Differenz fordern viele Euro-Länder vor dem am Abend beginnenden EU-Sondergipfel die Ausgabe gemeinsamer Anleihen - gegen den erbitterten Widerstand der Bundesregierung. In einem solchen Fall würden sich die Zinskosten dank der deutschen Vertrauenswürdigkeit für die Krisenstaaten verringern und deren Kampf um eine Sanierung der öffentlichen Haushalte erleichtern, Deutschland käme am Markt dann aber nicht mehr so billig davon wie derzeit. Die größte Volkswirtschaft der Euro-Zone würde damit zudem gleichzeitig Risiken der Schuldenländer übernehmen. (APA/Reuters, 23.5.2012)