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In Budapest - hier Gleise am Ostbahnhof Keleti - scheint der Zug in der Causa Geuronet abgefahren. Die längstens auf ungarischen Konten geparkten Millionen wurden in die Schweiz transferiert.

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Wien - So rasch, wie im Herbst 2010 erhofft, geht es bei den Ermittlungen in der mutmaßlichen Korruptionsaffäre rund um Beraterverträge beim Kauf der ungarischen Güterbahn MávCargo durch die ÖBB-Gütersparte Rail Cargo Austria (RCA) doch nicht voran. Zwanzig Monate nach Razzien in der RCA-Vorstandsetage und Privaträumen des früheren RCA-Vorstandsdirektors Gustav Poschalko und des RCA-Prokuristen Gerhard Leitner liegt ein Abschlussbericht des Bundesamts für Korruptionsbekämpfung (BAK) noch nicht vor.

Aber: Der Kreis der als Beschuldigte geführten Personen ist größer geworden. Seit Spätherbst gehört ihm auch ÖBB-Holding-Präsident Horst Pöchhacker an, dessen Büro im Verkehrsministerium im Oktober gefilzt wurde. Der Verdacht: Untreue. Gegen Leitner und Poschalko kommt Verdacht auf Bestechung ungarischer Amtsträger hinzu. Alle Genannten bestreiten die Vorwürfe, es gilt die Unschuldsvermutung.

Gemäß Zwischenbericht des BAK vom Oktober 2011 scheint die Verdachtslage vage: Es habe im Frühsommer 2007 bei der Entscheidung für das Beratungsunternehmen Geuronet keine ordnungsgemäße Auswahl und keinen Mehrheitsbeschluss im RCA-Vorstand gegeben. Geuronet wurde Anfang 2008 für den 400 Millionen Euro schweren Kauf der MávCargo beigezogen. Weiters sei die Unterfertigung des Vertrags mit Geuronet nicht in Absprache mit dem gesamten RCA-Aufsichtsratspräsidium unter Pöchhacker erfolgt. Außerdem sei die im Vertrag vereinbarte Leistung nicht erbracht worden, sodass RCA ein 50.000 Euro übersteigender Schaden entstanden sei. Schlüsselfigur in der Causa ist, wie berichtet, András Gulya, dessen Agentur Geuronet mit 7,1 Mio. Euro honoriert wurde, davon 6,66 Mio. Euro als Erfolgsprovision.

Die Aussagen der Einvernommenen divergieren: Ex-Vorstandsdirektor Ferdinand Schmidt gab als Zeuge an, er habe den Beratervertrag nicht unterschrieben und seine Bedenken im Juli 2007 - nach einem Urlaub - telefonisch bei Pöchhacker deponiert. Pöchhacker konnte sich nicht mehr daran erinnern. Aber: In der nächsten Aufsichtsratssitzung am 15.10.2007 hätten weder Schmidt noch RCA-Finanzvorstand Erich Söllinger Bedenken angemeldet. Als ÖBB-Holding-Finanzchef in Personalunion sei kaum vorstellbar, dass Söllinger nicht informiert gewesen sei.

Poschalko, der den Vertrag mit Leitner fixierte, wiederum beruft sich auf die Freigabe des Geuronet-Beschlusses durch das Präsidium, das sich die Letztentscheidung vorbehalten hatte. Selbige habe Pöchhacker getroffen, nachdem ihm (und seinem Vize Franz Rauch) am 4. Juli der Vertragsentwurf samt der von 3,5 auf 1,75 Prozent reduzierten Erfolgsprovision zugegangen war. Schmidt und Söllinger weilten im Ausland.

Apropos: In Budapest, wo die Staatsanwaltschaft ebenfalls ermittelte, dürfte die Suppe dünn gewesen sein, das Verfahren sei abgeschlossen, sagen mit der Materie Vertraute. Ein "beträchtlicher Teil" des Honorars sei längstens auf ungarischen Konten gelegen, ehe er in die Schweiz transferiert wurde. Von dort versucht die Korruptionsstaatsanwalt Wien nun via Amtshilfeverfahren, Informationen zu bekommen. (Luise Ungerboeck, DER STANDARD, 23.5.2012)