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Am Mittwoch trifft sich die politische Spitze Europas einmal mehr in Brüssel zu einem Gipfel. Wie es weitergeht mit Griechenland, mit der Eurozone, mit Europa steht auf der Agenda.

Foto: AP/Virginia Mayo

Paris/Berlin/Wien/Brüssel - Die neue französische Regierung hält eine Einigung mit Berlin über eine Wachstumsstrategie für Europa für machbar. Kompromisse über mehrere französische Vorschläge für Wachstumsinitiativen seien "möglich", obwohl die beiden Länder in der Frage der Eurobonds uneins seien, sagte der französische Finanzminister Pierre Moscovici am Dienstag nach einem Treffen mit seinem deutschen Kollegen Wolfgang Schäuble (CDU) in Berlin. Auch Außenminister Michael Spindelegger (ÖVP) sieht eine Konsensmöglichkeit. Vor dem Ministerrat am Dienstag sprach er sich aber strikt gegen ein Aufschnüren des Fiskalpakts für mehr Budgetdisziplin aus.

Spindelegger meinte, man habe den Fiskalpakt monatelang diskutiert, für ein Aufschnüren sei jetzt kein Platz. Wenn es um das Wachstum geht, finde man einen Konsens, wenn es darum geht den Fiskalpakt aufzuschnüren, "da finden wir keinen Konsens". Zum Vorschlag Projektbonds einzuführen, erklärte er, man müsse hier die Details diskutieren. Die EU will mit sogenannten Projektanleihen Großprojekte in der Infrastruktur vorantreiben. Für Stromnetze, Straßen und Datenleitungen sollen künftig 230 Millionen Euro aus dem EU-Budget als Garantien bereitstehen, berichteten EU-Diplomaten. Damit sollen private Investoren für wichtige Projekte gewonnen werden.

Gegen Eurobonds

Finanzministerin Maria Fekter (ÖVP) hielt fest, dass sie wie Schäuble gegen Eurobonds ist. Sie habe "kein Verständnis" dafür, dass Österreich höhere Zinsen zahlen müsse. Solange die Haushaltsdisziplin in Europa nicht zur Gänze eingehalten wird und die Stabilität nicht erreicht ist, wolle sie Österreichs Bonität nicht aufs Spiel setzen." Dem Vorschlag des neuen französischen Staatspräsidenten Francois Hollande, den Fiskalpaktes um einen Wachstumspakt zu erweitern, kann Fekter wenig abgewinnen. Wachstum durch Schulden zu finanzieren, sei ein "Rezept von vorgestern", sagte sie in einem Interview mit den "Oberösterreichischen Nachrichten".

Finanzstaatssekretär Andreas Schieder (SPÖ) hingegen erklärte, den Vorschlag Hollandes nicht abzuqualifizieren, sondern diskutieren zu wollen. Entscheidend sei die Frage, wie man Wachstum schaffen könne. Ein Weg hierfür seien Projektbonds. Werner Kogler, stv. Bundessprecher der Grünen, fordert Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) unterdessen auf, "endlich eine gemeinsame Position der Bundesregierung für den EU-Sondergipfel vorzulegen."

Beim informellen EU-Gipfel am Mittwoch in Brüssel soll es um die französische Forderung gehen, den EU-Fiskalpakt zur Budgetdisziplin um einen Wachstumspakt zu erweitern. Hollande machte deutlich, dass auch das Thema Eurobonds diskutieren wolle. "Wir werden über alle Vorschläge reden können, die der ein oder andere zum Thema Wachstum einbringen kann", sagte Hollande in Chicago nach dem NATO-Gipfel. "So wie ich von Eurobonds spreche, ist es rechtmäßig, dass die Deutschen von Strukturreformen reden", fügte er hinzu.

Berlin auch gegen gemeinsame Anleihen

Die deutsche Bundesregierung sprach sich am Dienstag erneut gegen die Einführung von Eurobonds aus. Eurobonds gehörten aus deutscher Sicht nicht zu den Instrumenten für die Eurozone, hieß es in deutschen Regierungskreisen am Dienstag. Es gebe keine Rechtsgrundlage für Eurobonds. Verwiesen wurde auf Artikel 125 im EU-Vertrag, der ein ausdrückliches Verbot für die Übernahme von Schulden eines EU-Staates durch ein anderes EU-Land vorsieht. Dies gelte auch für Überlegungen, einen gemeinsamen europäischen Schulden-Tilgungsfonds zu schaffen. Für die Einführung von Eurobonds wäre nicht nur ein einstimmiger Beschluss der EU-Staaten, sondern auch eine "erhebliche Vertragsänderung" in der EU nötig. Auch Spaniens Regierung lehnt Eurobonds ab.

Unterstützung für gemeinsame Anleihen der Euro-Länder erhält Hollande dagegen vom italienischen Ministerpräsidenten Mario Monti, aber auch aus Brüssel von EU-Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso.

Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) sprach sich unterdessen dafür aus, durch strenge Budgetdisziplin und Schuldenabbau einen "Wachstumspakt" zu ermöglichen. Dazu könnten dann gemeinsame Anleihen "zur Rekapitalisierung der Banken und zur Erhöhung des Kreditangebots" und später generellere Eurobonds gehören, schrieb die OECD in ihrem am Dienstag veröffentlichten Wirtschaftsausblick.

Die Chefin des Internationalen Währungsfonds (IWF), Christine Lagarde, rief die Europäer zu mehr Wachstumsanstrengungen auf. "Es muss mehr zur Stützung des Wachstums getan werden", sagte sie in London. Lagarde sprach sich dazu aber für Strukturreformen wie beispielsweise Arbeitsmarktreformen und nicht für staatlich finanzierte Wachstumsimpulse aus, denn dies lasse die angespannte Haushaltslage der Euro-Staaten nicht zu. (APA, 22.5.2012)