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Ums gleiche Geld ein bisserl mehr Touristen-Ramsch bekommen Urlauber in Griechenland angeboten. Eurokrise und drohender Staatsbankrott treibt die Stimmung Richtung Linksradikale.

Foto: APA/EPA/Orestis Panagiotou

Der Führer der griechischen Linksradikalen erhöht den Druck auf die Kreditgeber und droht Europa mit dem Kollaps des Euro. Die Idee, bei der Wahl im Juni über den Verbleib im Euro abzustimmen, löst Empörung aus.

 

Im Wind der Spekulationen über das Euroreferendum, das Bundeskanzlerin Angela Merkel dem griechischen Staatspräsidenten empfohlen haben soll, geht der populäre Führer der griechischen Linksradikalen zu Wochenbeginn auf Europareise. Alexis Tsipras reist heute, Montag, nach Paris und anschließend nach Berlin.

In mehreren Interviews mit angelsächsischen Medien hatte Tsipras Griechenlands Kreditgeber zu erpressen versucht: Sollten die Zahlungen an Griechenland ausbleiben, werde das Land seinerseits den Schuldendienst einstellen und damit den Zusammenbruch des Euros auslösen. Tsipras steht dem linksradikalen Bündnis Syriza vor, das den Sparkurs ablehnt und bei den nächsten Parlamentswahlen in einem Monat zur stärksten Kraft werden könnte.

Gespräche mit Kommunisten

Tsipras trifft in Paris den französischen Kommunistenführer Pierre Laurent und den langjährigen ehemals sozialistischen Senator Luc Mélenchon, der als Präsidentschaftskandidat im April mit elf Prozent einen Achtungserfolg erzielt hatte. Mit beiden tritt Tsipras am Abend auf dem Vorplatz der französischen Nationalversammlung auf und will dort eine Rede halten. In Berlin besucht der Syriza-Chef die Linke und trifft Gregor Gysi, Klaus Ernst und Oskar Lafontaine. In beiden Städten bemühen sich die griechischen Linksradikalen um Gespräche mit Regierungsvertretern. Mit seinem Auftritt mit anderen linksgerichteten Politikern versucht Tsipras den griechischen Wählern die Furcht vor einer Isolation des Landes nach einem denkbaren Sieg von Syriza am 17. Juni zu nehmen. Vor allem der Machtwechsel in Paris bestärkte die Linksradikalen in ihrer Erwartung, Griechenland könne nun mit mehr Großzügigkeit der Kreditgeber rechnen.

Syriza, ein Verbund von mehr als einem Dutzend kommunistischer Kleinparteien und Tsipras' etwas größerer linkssozialistischer Synapsismos, hat nach den Wahlen in Griechenland am 6. Mai weiter zugelegt; Umfragen sehen sie nun bereits bei 23 Prozent. Dasselbe gilt aber auch für die konservative Nea Dimokratia. Ihr Chef Antonis Samaras attackiert nun unentwegt die Linksradikalen und gewinnt Wähler zurück, die einen Hinauswurf Griechenlands aus der Eurozone fürchten.

Tsipras will in Eurozone bleiben

Widerprüchliche Äußerungen von Syriza-Politikern verunsicherten die Griechen in den vergangenen Tagen. Der Euro sei gar nicht wichtig, hieß es; die Banken sollten verstaatlicht und Vermögen auf Privatkonten beschlagnahmt und für öffentliche Investitionen verwendet werden. Tsipras dagegen schwört, Griechenland trotz einer Kündigung der Kreditvereinbarungen in der Eurozone halten zu wollen.

Der Präsident des Obersten Verwaltungsgerichts, Panagiotis Pikrammenos, führt derzeit eine Übergangsregierung, der Universitätsprofessoren und ehemalige Minister angehören. Das neue Parlament, in dem es keine Mehrheit für eine Regierung gab, war vergangenen Freitag bereits wieder aufgelöst worden. Merkels angeblicher Vorschlag an den griechischen Staatschef, parallel zu den Wahlen am 17. Juni ein Referendum über den Verbleib in der Eurozone abzuhalten - das Ergebnis wäre gleichsam die politische Vorgabe für die nächste griechische Regierung -, löste in Athen erwartungsgemäß einen Sturm der Empörung aus. Alle Parteien verurteilten die "Einmischung" der deutschen Kanzlerin. Ein Regierungssprecher hatte dementiert, dass Merkel in ihrem Telefongespräch mit Karolos Papoulias am Freitag zu einem solchen Vorgehen geraten habe. (Markus Bernath aus Athen, DER STANDARD, 21.5.2012)