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Ermittler riegelten den Tatort vor der Francesca-Morvillo-Falcone-Schule in der süditalienischen Stadt Brindisi ab.

Foto: Lapresse/AP/dapd

Rom - Die Justizbehörden in der süditalienischen Stadt Brindisi sind der Ansicht, dass der Bombenanschlag auf eine Berufsschule, bei dem eine 16-jährige Schülerin ums Leben gekommen ist und weitere vier Jugendliche verletzt wurden, auf einen Einzeltäter zurückzuführen sei. Auch die Geste eines psychisch Gestörten wird nicht ausgeschlossen. "Es könnte sich um die Tat eines einzelnen Täters handeln", sagte der Staatsanwalt von Brindisi, Marco Di Napoli, bei einer Pressekonferenz am Sonntag.

50-Jähriger gesucht

Die Staatsanwälte jagen nach einem Mann im Alter von 50 Jahren mit dunkler Jacke, heller Hose und Tennisschuhen. Er soll mit einem ferngesteuerten Gerät den Sprengkörper ausgelöst haben, mit dem vor der Schule ein 16-jähriges Mädchen getötet wurde. Der Mann wurde von Videoanlagen unweit der Schule aufgenommen, berichteten die Ermittler. Sein Gesicht ist jedoch nicht klar zu erkennen, daher konnte der Mann noch nicht identifiziert werden.

In der Nacht auf Sonntag wurden zwei Personen vernommen. Dabei handelt es sich um einen Ex-Soldaten und um eine weitere Person, deren Identität nicht bekanntgegeben wurde, berichtete die Webseite BrindisiReport.it. Die beiden Personen wurden mit Hilfe von Videos identifiziert. Ihre Wohnungen wurden durchsucht, die beiden Personen wurden allerdings nicht festgenommen. Weitere Durchsuchungen wurden in der ganzen Provinz Brindisi durchgeführt.

Zustand der Verletzten verbessert

"Wir können einen mafiösen Hintergrund des Anschlags mit großer Wahrscheinlichkeit ausschließen", sagte Di Marco. Bei der Bombe sei Benzin und nicht - wie bei der Mafia üblich - Dynamit verwendet worden, begründete Anti-Mafia-Staatsanwalt Cataldo Motta seine Zweifel. Auch der nationale Polizeichef Antonio Manganelli bezweifelte öffentlich die Mafia-Theorie, die unmittelbar nach dem Anschlag als wahrscheinlichster Hintergrund des Attentats galt.

Inzwischen bessert sich der Zustand der vier verletzten Mädchen. Zwei von ihnen schweben allerdings noch in Lebensgefahr, teilten die Ärzte in Brindisi mit. Der Präsident des italienischen Episkopats CEI, Kardinal Angelo Bagnasco, verurteilte den Anschlag. "Wir dürfen uns von diesen Gesten der Gewalt nicht einschüchtern lassen", so Bagnasco am Sonntag. Premier Mario Monti sprach von einem beispiellosen, kriminellen Akt. Er ordnete vom G-8-Gipfel in Camp David aus drei Tage Staatstrauer an, Sportveranstaltungen und die lange Nacht der Museen wurden abgesagt.

Demonstrationen

Am Samstag explodierte ein Sprengsatz aus drei miteinander verbundenen Gasflaschen gegen 07.45 Uhr (MESZ) vor der Berufsschule in Brindisi, als die Schüler zum Unterricht strömten. Vermutlich waren sie in Rucksäcken versteckt, die auf einer kleinen Mauer vor der Schule abgestellt wurden. Der Sprengsatz sei mit einem Fernsteuerungsgerät aktiviert worden, berichteten die Ermittler am Sonntag.

In mehreren Städten Italiens gingen am Samstagabend Menschen auf die Straße gegangen, um damit ein Zeichen gegen die Gewalt zu setzen und der getöteten Schülerin zu gedenken. In Rom versammelte sich eine Menschenmenge vor dem Pantheon. Unter den Demonstranten waren viele Studenten und Schüler, manche hatten Tränen in den Augen. "Wir haben keine Angst" und "Man darf nicht in der Schule sterben", war auf Transparenten zu lesen.

Auch in Brindisi kamen zahlreiche Menschen zusammen. "Brindisi weint mit den Opfern", hieß es auf Spruchbändern, die sich auch gegen die Mafia richteten. Die Fahnen an öffentlichen Gebäuden in Italien wurden für die nächsten Tage auf halbmast gesetzt.

Verschärfte Sicherheitsvorkehrungen

In ganz Italien wurden die Anti-Terrorismus-Maßnahmen verschärft. Die Sicherheitsvorkehrungen rund um mutmaßlich gefährdete Einrichtungen und Personen wurden verstärkt. Über 20.000 Sicherheitskräfte und Soldaten seien im Einsatz, berichteten italienischen Medien am Sonntag.

Schon in den Tagen vor dem Attentat herrschte in Italien Terroralarm. Vergangene Woche war der Geschäftsführer der Atomfirma Ansaldo Nucleare, Roberto Adinolfi in Genua auf offener Straße angeschossen worden. Der Manager wurde am Bein operiert. Die italienische Untergrundorganisation "Informelle Anarchistische Föderation" (FAI) hatte sich zu dem Anschlag bekannt. Personenschutz wurde unter anderem dem Geschäftsführer des italienischen Rüstungskonzerns Finmeccanica, Giuseppe Orsi, gewährt. Die anarchistische Untergrundorganisation FAI hatte vergangene Woche Anschläge gegen Finmeccanica angekündigt. Auch für Manager der Finmeccanica-Atomtochter Ansaldo Nucleare wurden die Sicherheitsvorkehrungen verschärft. (APA, 20.5.2012)