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So nah und doch vorbei: Schweinsteiger.

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Der Pokal gehört Chelsea.

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Alle Emotionen auf einen Blick.

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Auch der gesperrte David Alaba zog enttäuscht davon. Mehr Fotos im Livebericht und in einer Ansichtssache.

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München – Der FC Chelsea hat in München Historisches geschafft und sich zum ersten Mal in der Geschichte der Champions League die Trophäe gesichert. Die Londoner gewannen das ausverkaufte Finale gegen Bayern München im Elfmeterschießen mit 4:3. Nach der regulären Spielzeit und Verlängerung war es durch späte Kopfballtore von Thomas Müller (83.) und Didier Drogba (88.) 1:1 gestanden. Mit dem Premierensieg ist auch Clubbesitzer Roman Abramowitsch am Ziel angelangt, der russische Oligarch hatte seit 2003 rund eine Milliarde Euro in den Club gesteckt.

Pure Dramatik

Die Niederlage der Bayern im viel zitierten "Finale dahoam" ist auf dramatische Weise zustande gekommen. 120 Minuten waren die offensiven Gastgeber das klar bessere Team mit dutzenden vergebenen Chancen. Die beste vergab der Niederländer Arjen Robben per Elfmeter in der Nachspielzeit. An Chelseas 34-jährigem Stürmer Drogba lag es schließlich, das Finale mit dem letzten Elfmeter endgültig zu entscheiden. Sein Verbleib in London ist noch nicht gesichert, für etwaige Vertragsverhandlungen hat er aber gute Argumente gesammelt.

"Unsere Stadt. Unser Stadion. Unser Pokal" hatte die gesamte Fankurve der Bayern die Londoner Fans gegenüber im Norden vor dem Anpfiff mit einer beeindruckenden Choreographie wissen lassen. Die konterten nicht ganz so spektakulär mit "Chelsea FC – Pride of London". Dann ging es los, Bayerns Coach Jupp Heynckes schickte seine Mannschaft wie erwartet ins Rennen. Diego Contento, Anatolij Timoschtschuk und Thomas Müller als hängende Spitze hinter Solosturm Mario Gomez rückten wegen der Gelbsperren von David Alaba, Luis Gustavo und Holger Badstuber nach. Alaba drückte in der ersten Reihe gleich hinter der Bayern-Bank die Daumen.

Di Matteo überraschte

Chelseas Roberto Di Matteo überraschte hingegen. Der italienische Teammanager stellte den eigentlich gelernten Verteidiger Ryan Bertrand im linken Mittelfeld auf und verhalf dem 22-jährigen Engländer, der erst acht Ligaspiele für die Londoner bestritt, zu seinem Debüt in der Königsklasse. Fernando Torres blieb erneut nur die Rolle als möglicher Joker.

Die Londoner legten ihre Spielweise in der Anfangsphase zwar nicht derart destruktiv an wie im Halbfinale gegen den FC Barcelona. Der 34-jährige Didier Drogba verdiente sich die Bezeichnung Solospitze aber mit Nachdruck. Während also die Gäste hinten Schotten dicht machten, lieferte Bastian Schweinsteiger den ersten Warnschuss (5.). Arjen Robben jagte den Ball aus aussichtsreicher Position fast in den 3. Rang (8.).

Die Bayern bemühten sich redlich nach vorne, hinten blieben sie kompakt. Alaba-Ersatz Contento spielte gegen Salomon Kalou tadellos, im Zusammenspiel mit Franck Ribery legte er seine Position ebenso offensiv aus wie der Wiener. Für die erste Topchance der Bayern sorgte Robben, der sich über rechts durchtankte. Chelseas Goalie Petr Cech klärte in höchster Not, der Ball streifte gar noch die Kreuzlatte (21.).

Tollhaus im Finish

Von Chelsea war vorne nach wie vor nichts zu sehen. Die Gastgeber kreierten hingegen weiterhin Chancen: Ribery schickt Contento über links, der flankt aus vollem Lauf, Müllers wirklich feine Direktabnahme geht aber knapp vorbei (36.). Fast bezeichnend, dass Kalou erst in Minute 37 der erste Torschuss gelang.

Nach Seitenwechsel blieben die Bayern am Drücker, das ersehnte und verdiente Befreiungstor wollte aber nicht gelingen. Und als es Ribery doch gelang, verweigerte Referee Pedro Proenca – völlig zurecht – die Anerkennung. Robben war bei seinem Schussversuch davor im Abseits gestanden (53.). Alaba hielt es jedenfalls nicht mehr im Sitz. Chelseas Stürmer Drogba betätigte sich wie gegen Barcelona immer wieder als Ausputzer im eigenen Strafraum.

Erst Müller verwandelte die wegen Sponsorrechten kurzfristig in "Fußball Arena München" umgetaufte Allianz-Arena in ein Tollhaus. Der 22-jährige Deutsche verwertete eine Flanke von Kroos mehr mit dem Gesicht als mit dem Kopf, Cech war aber auch so machtlos (83.). Die Rechnung der längst feiernden Bayern-Fans wurde freilich ohne Drogba gemacht. Der ewige Ivorer, in der zweiten Halbzeit vorne praktisch von der Bildfläche verschwunden, entschwand seinen Bewachern mit einem dynamischen Antritt. Gegen seinen wuchtigen Kopfball war kein Kraut gewachsen (88.).

Robben vergab Elfer

Das Momentum konnten die Londoner auch mit Torres, der in Minute 84 für Kalou kam, nicht in die Verlängerung retten. Drogba, diesmal wieder hinten, legte Ribery im Strafraum. Weil der Fußball aber wirklich gute Geschichten schreibt, trabte ausgerechnet Robben zum Elfmeterpunkt hin. Schweinsteiger konnte als einziger Bayern-Spieler nicht hinsehen – völlig zurecht. Denn dem Niederländer, der schon im Meisterschaftsfinish gegen Dortmund einen Elfmeter versemmelte, versagten abermals die Nerven (95.).
Für den verletzten Ribery wurde Olic eingewechselt. Der hatte in Minute 109 den Matchball auf dem Fuß, in seinen Schuss / Querpass konnte auch der nächste Joker Daniel van Buyten nicht mehr hinein rutschen. Von Krämpfen gebeutelt, sehnten längst die ausgepowerten Spieler beider Teams das Elfmeterschießen herbei.

Vor der Bayern-Fankurve verwandelte Lahm den ersten Strafstoß sicher, Neuer hielt den Schuss von Juan Mata. Olic, der als vierter Bayern-Schütze ebenfalls vergab, ließ die Londoner wieder hoffen. Als Cech den fünften Bayern-Elfmeter von Schweinsteiger an die Stange wehren konnte, blieb es ausgerechnet an Drogba, die Champions League zu entscheiden. Der Fußball schreibt eben gerne Geschichten. (David Krutzler aus München; derStandard.at, 19.5.2012)

Finale der Fußball-Champions-League:

Bayern München – Chelsea 3:4 im Elferschießen – 1:1 (1:1, 0:0) n.V. München, Allianz Arena, 62.500 (ausverkauft), SR Pedro Proenca (POR).

Torfolge: 1:0 (83.) Müller, 1:1 (88.) Drogba

Bayern: Neuer – Lahm, Timoschtschuk, Boateng, Contento – Kroos, Schweinsteiger – Robben, Müller (87. Van Buyten), Ribery (96. Olic) – Gomez

Chelsea: Cech – Bosingwa, Cahill, Luiz, Cole – Mikel, Lampard, Kalou (84. Torres), Mata, Bertrand (73. Malouda) – Drogba

Gelbe Karten: Schweinsteiger bzw. Cole, Luiz, Drogba, Torres

Anmerkung: Cech hielt in der 95. Minute einen Foulelfmeter von Robben

Elferschießen:

Lahm trifft – 1:0
Mata scheitert an Neuer – weiter 1:0
Gomez trifft – 2:0
Luiz trifft – 2:1
Neuer trifft – 3:1
Lampard trifft – 3:2
Olic scheitert an Cech – weiter 3:2
Cole trifft – 3:3
Schweinsteiger an die Stange – weiter 3:3
Drogba trifft – 3:4