Wien - Die Abschaffung von mehr als 100 Sonderbehörden und Überführung in Landes- und Bundesverwaltungsgerichte tangiert die Gemeinden kaum. Nach einem heftigen Aufschrei gegen den "Eingriff in die kommunale Selbstverwaltung" bleibt der Instanzenzug in den Kommunen unverändert: Das trifft in erster Linie Baubescheide, aber auch abgabenrechtliche und andere Angelegenheiten. Hier entscheidet der Bürgermeister, in der Berufung der Gemeinderat.

Diese Regelung besteht somit fort, obwohl sie in den Augen vieler Experten nicht nur aufwändig, sondern auch rechtlich bedenklich ist: In vielen Fällen gibt es eine politische Nähe zwischen Gemeinderat und Bürgermeister.

In einem ersten Entwurf des Bundeskanzleramts war eine deutliche Vereinfachung vorgesehen. Einsprüche gegen den Bescheid des Bürgermeisters sollten direkt den neuen Landesverwaltungsgerichten vorgelegt werden können. Damit wäre nicht nur eine Instanz weggefallen, das Gericht sollte auch zur Abänderung von Bescheiden befugt werden. Jetzt ist dieser Schritt erst in der Berufung gegen die Entscheidung des Gemeinderats möglich.

Auch in anderen Bereichen gibt es Zweifel an den mit der Reform angestrebten Vereinfachungen der Verfahren, werden doch in vielen Fällen neue Instanzenzüge eingeführt. So sind beispielsweise Entscheidungen der Energiemarktbehörde E-Control oder der Übernahmekommission derzeit nur beim Verwaltungsgerichtshof anfechtbar. Künftig wird das Bundesverwaltungsgericht dazwischen geschaltet. Das sei "nicht ideal", weil gerade bei Übernahmen rasche Entscheidungen notwendig seien, erklärt Wolfgang Eigner, Leiter der Geschäftsstelle der Übernahmekommission.

Noch offen ist, ob auch Beschwerden an die ordentliche Justiz, beispielsweise Oberlandesgericht oder Oberster Gerichtshof, zugelassen werden. Generell wird darauf verwiesen, dass zahlreiche Punkte noch offen sind, weil es noch keine Detailgesetzgebung etwa zum Verfahrensrecht gebe.

Eingegangen wurde auf die Bedenken der Rechtsanwaltskammer, die sich gegen Eingriffe in Disziplinarfragen wehrte. Hier wurde der Instanzenzug zur ordentlichen Gerichtsbarkeit unter Einbeziehung der Standesvertreter gewählt. Bei den Universitäten wurde die Autonomie geachtet, der Senat bleibt eingebunden. (Andreas Schnauder, DER STANDARD, 16./17.5.2012)