"Ich bin mit der Philosophie aufgewachsen, dass man nicht materiell denken darf, dass man an nichts hängen darf." Elizabeth T. Spira in Wien-Landstraße.

Foto: Lisi Specht

Elizabeth T. Spira betritt in ihrer Sendung "Liebesg'schichten und Heiratssachen" immer wieder fremde Wohnungen. Wojciech Czaja hat den Spieß umgedreht.

"Für Liebesg'schichten und Heiratssachen drehe ich rund zehn Sendungen pro Jahr. Das heißt, ich bin jedes Monat sechs- bis siebenmal in fremden Wohnungen. Ich bin wahnsinnig neugierig, muss man wissen. Und ich liebe das Gefühl, mich umzusehen, zu beobachten, zu erkennen, was in den Möbelhäusern gerade modern ist und was nicht.

Ich kann mich erinnern: Vor langer, langer Zeit gab es die Phase der riesigen Fototapeten, wo die Leute vor einem Südseestrand geschlafen haben. Vor zehn Jahren gab es dann die afrikanische Welle, wo sich jeder, der noch nie in Afrika war, afrikanisch eingerichtet hat. Das hatten die Möbelhäuser damals gerade im Sortiment. Aktuell sind wir in der buddhistischen Phase. In jeder zweiten Wohnung sitzt ein kleiner Buddha. Diese Moden und Trends finde ich sehr interessant.

Am meisten bedauere ich das Aussterben der venezianischen Plastikgondeln mit Blinklicht, die meist auf einem Deckerl am Fernseher drapiert wurden. Mit dem Einzug der Flachbildschirme verschwand die Häkeldeckerl-Möglichkeit - und damit auch die Gondel. Aber dafür gibt es jetzt bei mir in der Wohnung, und zwar im Arbeitszimmer, eine ganze Vitrine mit Kitsch. Mit Porzellanfiguren, Plastikzeugs und komischen Masken. Nur die Gondel fehlt noch.

Die Tatsache, dass jetzt nicht ich in einer fremden Wohnung zu Besuch bin, sondern dass ein Journalist und eine Fotografin nun in meinem Wohnzimmer stehen, ist befremdlich. Ich habe zwar nichts zu verbergen, aber ein Treffen im Prückel oder in irgendeinem anderen Kaffeehaus wäre mir lieber gewesen. Auch da fühle ich mich daheim. Aber nein, es musste unbedingt die Wohnung sein. Na gut, es ist ja nur fair, den Spieß auch einmal umzudrehen.

Eingezogen bin ich hier vor 35 Jahren. Das waren zwei typische gründerzeitliche Wohnungen, die wir zusammengelegt haben. Jetzt sind's rund 140 Quadratmeter. Die Wohnung ist sehr fein, nur mit der Hoflage konnte ich mich bis heute nicht anfreunden. Es ist schön ruhig, aber es fehlt mir der Ausblick auf die Straße, auf die Menschen, auf das städtische Leben. Und davon gibt es im dritten Bezirk ja nicht gerade wenig. Aber das bleibt mir leider verborgen.

Im Grunde genommen ist alles wie vor 35 Jahren. Auch die Fenster sind noch immer schiach. Ich dachte mir damals: Die muss ich lackieren! Aber nachdem Lackieren eine teure Angelegenheit ist, habe ich stattdessen Vorhänge gekauft. Ich bin ein altes Emigrantenkind, und ich bin mit der Philosophie aufgewachsen, dass man nicht materiell denken darf, dass man an nichts hängen darf. So ist es auch mit den Möbeln. Das meiste ist billigst erworben und zusammengetragen von irgendwo. Der Kasten ist ein Geschenk, der Tisch stammt von meinem Mann, den Jugendstil-Schreibtisch habe ich um 100 Euro einem Tandler abgekauft und neu gestrichen. Also so halt.

Das einzig wirklich Neue und Teure ist die Schubladenkommode im Esszimmer. Früher stand hier eine Kredenz mit barock-bauchigen Laden, die permanent geklemmt haben. Mich hat das Ding wütend gemacht. Letzte Woche habe ich eine neue Kommode gekauft. Sie tut zwar auf alt, ist aber neu. Hauptsache, die Laden klemmen nicht.

Ich bin ein ziemlich unordentlicher Mensch. Monatelang stapeln und türmen sich die Gegenstände in meiner Wohnung, werden immer mehr und mehr. Ein paarmal im Jahr krieg ich dann die Bockerlfraß, wo ich mit einem Müllsack durch die Zimmer ziehe und rigoros ausmiste. Momentan türmt es sich. Ich nehme an, dass dieser Zustand bis Ende der Staffel anhalten wird. Danach werde ich hier reinkommen und feststellen: Oh mein Gott, da schaut's aus! Und dann Müllsack auf und weg damit." (Wojciech Czaja, Album, DER STANDARD, 12./13.5.2012)