Der "Burj Dubai" (korrekterweise eigentlich "Burj Khalifa") gilt als das höchste Gebäude der Welt. Mit 230 Metern wird der "DC Tower 1", der derzeit in der Wiener Donaucity gebaut wird, zwar um einiges kleiner, aber für österreichische Verhältnisse ähnlich spektakulär. Der Rohbau wächst stetig - höchste Zeit für einen exklusiven Blick vom Dach der Baustelle.

Noch dominiert das 2002 erbaute "Hochhaus Neue Donau" mit seinem weißen Stahlbeton-Segel die Skyline der Donaucity - doch das soll sich schon bald ändern. Von der A22 aus wirkt die im Juni 2010 begonnene Baustelle schon jetzt sehr dominant. In einem Jahr wird sich das Bild noch einmal verändern: Verdoppelt man nämlich die "echte" Höhe des Hochhauses Neue Donau (also jene ohne das unbewohnte Deko-Segel), so erhält man in etwa die 230 Meter des "DC Tower 1".

Foto: Michael Hierner / www.hierner.info

Doch der "DC Tower 1" ist nicht auf Dauer als einzelner Turm gedacht. Das Konzept des französischen Architekten Dominique Perrault sieht vor, in Richtung Reichsbrücke einen zweiten, etwa 160 Meter hohen Turm in spiegelbildlichem Design zu errichten. Sogar ein dritter Tower hätte noch Platz, dieser würde allerdings einen gänzlich anderen Stil verpasst bekommen. Wann diese Tower wirklich gebaut werden, steht noch in den Sternen und hängt von der Entwicklung der Wirtschaft und der Nachfrage nach Büroflächen ab.

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Hier ein Blick aus Nordwesten: Im Gegensatz zu den Darstellungen in allen Computer-Renderings (in denen die optische Rhythmik der Glasfassade immer aufeinanderfolgend aus einer dunkelgrauen, einer dunkel- und einer hellblauen Scheibe bestand) entschied man sich anscheinend im letzten Moment dazu, das Muster der Glas-Paneele auf einer Seite um 180 Grad gedreht zu montieren. Dadurch entsteht eine vertikale Teilung des Gebäudes - quasi eine architektonische "Zahnlücke". Wie auch beim menschlichen Pendant liegt es im Auge des Betrachters, ob diese dem Gesamteindruck zum Vorteil gereicht oder nicht.

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Bis zur 15. Etage wird das Hochhaus an die spanische Luxus-Hotelkette Sol Meliá vermietet, die hier auf 18.000 Quadratmetern ein Vier-Sterne-Hotel mit 255 Luxuszimmern sowie unterschiedliche Event-Locations realisiert. In den unteren Stockwerken befinden sich außerdem ein Zubau und eine Anbindung zur unteren Straßenebene, die den Autos vorbehalten ist. Eines der Highlights dieses Zubaus ist eine mehrstöckige, runde Öffnung, die bereits im Rohbau gut erkennbar ist.

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Neben der Höhe wird vor allem die südöstliche Fassade für Aufsehen sorgen. Sie ist bewusst chaotisch gestaltet und soll an einen zerklüfteten, schroff auseinandergerissenen Edelstein erinnern. Dieser Effekt wird besonders gut zur Geltung kommen, wenn der kleine Bruder "DC Tower 2" gebaut wird.

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Diese lebendige Gestaltung der Fassade erfordert aber auch einen höheren Aufwand beim Bauen. So müssen die ungeraden Winkel und unterschiedlich herausstehenden "Balkone" penibel berechnet und konstruiert werden, da bei den Fenstern höchste Präzision erforderlich ist. Der im oberen Bereich befindliche Windschutz wandert dabei unaufhörlich nach oben und ist somit ein Indikator für den Baufortschritt auf der Baustelle.

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Um ein derart hohes Haus bauen zu können, müssen auch ungewöhnlich leistungsfähige Kräne eingesetzt werden. Während einer der Kräne am Gebäude fixiert wurde, befindet sich der zweite im engen Aufzugsschacht des Hochhauses. Beide werden immer wieder um neue Elemente erweitert und wachsen so mit zunehmendem Baufortschritt in den Himmel.

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Da die Lifte noch nicht in Betrieb sind, befinden sich auf der nordöstlichen Seite mehrere Transportaufzüge. Sie helfen vor allem den Bauarbeitern, schnell an ihre luftigen Arbeitsplätze zu gelangen. Da dies mit zunehmender Höhe auch etwas länger dauern kann, hat sich ein findiger Arbeiter aus Dämmplatten einen Sitz gebaut.

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Eines der Highlights des Towers ist die "Outrigger-Etage" im 17. Stock. Sie ist doppelt so hoch wie eine normale Etage und beherbergt vor allem Haustechnik. Sie dient außerdem der Versteifung des Gebäudes und besteht unter anderem aus einem massiven Betonkern. Ein weiterer "Outrigger" ist 25 Stockwerke darüber eingeplant.

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Die Komplexität der Logistik rund um den Tower zeigt der Blick nach unten: Insgesamt 20.000 Tonnen Stahl, 110.000 Kubikmeter Beton und unzählige Rohre, Fenster und Kabel müssen Schritt für Schritt zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort sein.

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So schaut es hinter dem "Windschutz" in einem der oberen Stockwerke aus: Verglast und fertig ausgebaut werden die teilweise weit hinausragenden Räume später einmal als spektakuläre Büro-, Hotel- oder Penthouse-Zimmer genutzt.

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Und so sieht es am Dach des Wiener "Burj Dubai" aus: Schon bald wird auch diese Etage fertig betoniert sein und der braune Windschutz wieder um ein Stockwerk in die Höhe gehoben. Dieser Ausblick vom 30. Stock gibt bereits einen Vorgeschmack darauf, wie atemberaubend erst jener von der Aussichtsplattform im 60. Stock einmal sein wird.

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Doch bis dahin muss Österreichs zukünftig höchster Tower noch ordentlich wachsen - in eine Höhe, die vielleicht sogar noch für die eine oder andere Überraschung sorgen wird, denn je nach Länge der Antenne könnte auch die Höhe des Gebäudes noch variieren. Setzt man etwa eine 30-Meter-Antenne aufs Dach, würde dies den "DC Tower 1" auf den spektakulären 15. Platz im Ranking der europäischen Hochhäuser bringen - noch vor dem "Canary Wharf Tower" in London und dem "Tour Montparnasse" in Paris.

Foto: Michael Hierner / www.hierner.info

Neben den zwei "Outrigger-Etagen" - die es bisher in dieser Form noch nie in einem Gebäude in Österreich gab - wird erstmals eine zweite Innovation beim Bau des Hochhauses verwendet: Eine riesige Stahlkugel in der obersten Etage soll Schwingungen abfedern. Werden solche Massenpendel in asiatischen Towern vor allem wegen potenzieller Erdbeben eingebaut, ist diese Riesenkugel hier als Dämpfer für die vom Wind verursachten Schwingungen vorgesehen.

Foto: Michael Hierner / www.hierner.info

Der "DC Tower 1" ist übrigens fast exakt auf den Stephansdom ausgerichtet und bildet eine Achse, an der unter anderem das Hochhaus am Praterstern (57 Meter), der "Galaxy Tower" (75 Meter) und der vor kurzem fertiggestellte "PS 1 Tower" (75 Meter) an der Praterstraße liegen. Und obwohl diese drei Gebäude für Wiener Verhältnisse bereits als Hochhäuser gelten: Übereinandergestapelt wären sie trotzdem noch kleiner als der "DC Tower 1".

Foto: Michael Hierner / www.hierner.info

Ist es also legitim, den für österreichische Verhältnisse spektakulären "DC Tower 1" als den "Burj Dubai von Wien" zu bezeichnen? Die Wahrheit ist ernüchternd, wie diese Fotomontage zeigt: Neben dem 830 Meter hohen Tower aus Dubai wäre "unser" Hochhaus ein Zwerg. (Michael Hierner, derStandard.at, 15.5.2012)

Fotomontage, Bild: Michael Hierner / Joi / Wikipedia