Die sogenannte Spritpreisverordnung des Wirtschaftsministeriums, ursprünglich am 1. 7. 2009 in Kraft getreten und dann entgegen der ausdrücklichen Empfehlung der Wettbewerbskommission ohne Evaluierung ab 1. 1. 2011 verlängert, hat den Ressortchef zum von Autofahrerclubs und Boulevard geliebten "Spritsparminister" mutieren lassen. Endlich ein Politiker, der gegen den "Spritpreiswucher" (© Kronen Zeitung) der Mineralölkonzerne etwas unternimmt! Und weil das medial ein so durchschlagender Erfolg war, wird jetzt mit einem "fixen Preiskorridor rund um reiseintensive Zeiten" tüchtig nachgelegt.

Entgegen ersten Überlegungen wird der Preiskorridor allerdings nicht nach dem Durchschnittswert der zwei Wochen vor einem "Reisewochenende" festgesetzt, sondern für jede Tankstelle kann dieser Referenzpreis autonom vom Inhaber kurz davor werden. Ein konkretes Beispiel: Bei einem der häufigen "Donnerstag-Feiertage" kann der Spritpreis bis Dienstag 12. 00 Uhr frei gewählt werden, für 24 Stunden sind dann nur Preissenkungen zulässig, ab Mittwoch 12.00 bis Sonntag 24.00 Uhr werden dann die Preise " eingefroren", dürfen also weder erhöht noch gesenkt werden. Eine offizielle Zeittafel der "Reisewochenenden" für die Jahre 2012 und 2013 gibt es auch schon, wobei nicht überliefert ist, ob die Verordnung vorsieht, dass zu diesen Zeiten auch in den Urlaub gefahren werden muss - Tourismusförderung als "Kollateralnutzen" sozusagen. Bitte nicht weitersagen! Es gibt sicher einige Politiker und Lobbyisten in Österreich, die das für einen ganz brauchbaren Vorschlag halten. Genau so wie es viele von empirischen Fakten und Expertisen unbeeindruckte Unterstützer der Spritpreis-Verordnung gibt!

Rezente wissenschaftliche Untersuchungen - darunter zeichnet für eine immerhin der Vorsitzende der deutschen Monopolkommission als Ko-Autor verantwortlich ("Haucap? Nie g'hört! Wer is'n des? Kana von uns, oder? Na dann, net amoi ignorieren!) - bescheinigen dem "Österreichischen Modell" unisono, dass diese Art der Regulierung im besten Fall wirkungslos ist, im schlechtesten Fall aber die Konsumentenwohlfahrt substanziell senkt (also das Gegenteil vom wohl gewünschten Effekt erreicht!). Womit (endlich) wissenschaftlich belegt, ist, was qua " Hausverstand" ohnehin von vornherein klar war: Die (lernfähigen) Mineralölkonzerne haben sich den neuen "Spielregeln" angepasst und erhöhen die Preise zwar nur einmal pro Tag, dafür aber kräftiger als sonst, um damit Spielraum für mehrere kleinere Preissenkungen untertags gewinnen zu können. Summa summarum steigen die Konsumenten schlechter aus als bei freier Preissetzung.

Damit kann man sich ungefähr ausmalen, welchen Effekt der "fixe Preiskorridor rund um reiseintensive Zeiten" haben wird. Laut einer BMWFJ-Sprecherin wären aber die Tankstellenpächter "gut beraten", die Preise am Dienstag nicht zu hoch anzusetzen, da sie sonst weniger Geschäft machen. Diese Aussage (falls ernst gemeint, was wohl zu befürchten ist!) macht angesichts der vorliegenden empirischen Evidenz einfach nur sprachlos. So einfach kann die Welt sein!

Einen Schritt weiter (Richtung Planwirtschaft!) geht der eben gewählte künftige Präsident Frankreichs mit der Umsetzung eines Wahlversprechens. Der Sozialist François Hollande gibt sich nicht damit zufrieden, den Treibstoffpreis wie in Österreich für drei (oder mehrere) Tage einzufrieren, nein, hier wird - "geklotzt, und nicht gekleckert!" - der Preismechanismus gleich für drei Monate "ausgehebelt". Wie gut muss erst eine "wirtschaftspolitische" Maßnahme für drei Monate "funktionieren", wenn sie schon für drei Tage nicht funktioniert!

Wenn sich diese Planwirtschaft à la française bis zu den innenpolitischen Redaktionen der Austro- Boulevardblätter herumgesprochen hat, werden sich auf deren Titelblättern Begeisterungsstürme, gepaart mit der Forderung der sofortigen Übernahme dieser Worst Practice zum (Un-)Wohle unserer "Melkkühe (und -stiere!) der Nation" wiederfinden. Und wenn was für drei Monate (nicht) " funktioniert" - warum dann nicht für drei Jahre ... oder gleich für immer? Avanti Dilettanti!

Der letzte Chefökonom des verblichenen Arbeiter- und Bauern(unrechts)staats sowie die renommierte schwedische Ökonomin Pippi Langstrumpf hätten jedenfalls auch Ihre Freude daran (gehabt). Während in anderen Ländern "evidenzbasierte Politik" gemacht wird, begnügt man sich hierzulande - weil populär - mit "politikbasierter Evidenz" - " fundiert" durch Pippi-Langstrump-f Economics nach dem Motto "Ich mach' mir die Welt widdewidde wie sie mir gefällt ...". (Michael Böheim, DER STANDARD, 12.5/13.5.2012)