Ramallah/Tel Aviv/Bern - Die Vereinten Nationen haben sich sehr besorgt über den gesundheitlichen Zustand von knapp 1600 palästinensischen Häftlingen in Israel geäußert, die in einen Hungerstreik getreten sind. Israel müsse eine angemessene Lösung für das Problem finden, forderte der Generalkommissär des UNO-Hilfswerks für Palästinaflüchtlinge im Nahen Osten (UNRWA), Filippo Grandi, am Donnerstag. Zwei Häftlinge im Hungerstreik seien unmittelbar vom Tod bedroht. Auch UNO-Generalsekretär Ban Ki-moon hatte am Mittwoch große Sorge über den Zustand der Gefangenen ausgedrückt und eine sofortige Lösung gefordert.

Mit der im April begonnenen Massen-Protestaktion wollen die Palästinenser gegen die Haftbedingungen sowie die sogenannte Verwaltungshaft in Israel protestieren. Dabei können Verdächtige ohne Anklage nur aufgrund geheimer Ermittlungsergebnisse für jeweils verlängerbare Zeiträume von sechs Monaten festgehalten werden. Davon sind derzeit rund 300 Häftlinge betroffen.

Menschenrechte respektieren

Als Depositärstaat der Genfer Konventionen brachte die Schweiz ebenfalls Sorge über die Situation der Hungerstreikenden zum Ausdruck. Die zuständigen Behörden müssten die medizinische Betreuung der Gefangenen im Hungerstreik sicherstellen, erklärte das Außenministerium in Bern. Staaten müssten das humanitäre Völkerrecht und die Menschenrechte respektieren. Nach dem Völkerrecht könne Verwaltungshaft nur in Ausnahmefällen angeordnet werden. Zudem müsse eine solche regelmäßig überprüft werden und es müsse eine Rekursmöglichkeit bestehen.

Nach Angaben der israelischen Gefängnisbehörde vom Donnerstag befinden sich knapp 1600 palästinensische Häftlinge im Hungerstreik. Keiner von ihnen sei in Lebensgefahr. Alle bekämen Infusionen mit lebensnotwendigen Nährstoffen. Zwölf seien in intensiverer medizinischer Behandlung. Die israelische Organisation "Ärzte für Menschenrechte" (PHRI) warnte jedoch, die Leben des 27-jährigen Bilal Diab und des 33- jährigen Thaer Halahla seien nach mehr als 70 Tagen Hungerstreik in Gefahr. Die beiden Mitglieder der radikalen Organisation Islamischer Jihad verweigern schon seit Ende Februar die Nahrungsaufnahme.

Nach Angaben der israelischen Menschenrechtsorganisation B'tselem hat sich die Zahl der in Administrativhaft gehaltenen Palästinenser seit dem Vorjahr um ein Drittel erhöht, 18 von ihnen seien über zwei Jahre in Haft, einer sogar über fünf Jahre. Auch der Vorsitzende des palästinensischen Legislativrats, Aziz Dweik, wurde von den Israelis in Verwaltungshaft genommen. (APA, 10.5.2012)