Wiener Neustadt - Wegen versuchten Mordes ist am Donnerstag am Landesgericht Wiener Neustadt ein 20-Jähriger zu acht Jahren Freiheitsstrafe verurteilt worden. Er hatte laut Anklage einen 22-Jährigen vor einem Innenstadtlokal in Wiener Neustadt im Zuge einer Auseinandersetzung durch sechs Stiche mit einem Fixiermesser schwer verletzt. Der Spruch der Geschworenen ist noch nicht rechtskräftig - die Verteidigung meldete Bedenkzeit an, die Staatsanwaltschaft gab keine Erklärung ab.

Zur Strafbemessung führte Richter Kurt Weisgram ausschließlich Milderungsgründe an: Er nannte die Unbescholtenheit des Angeklagten sowie eine gewisse Provokation durch das Opfer.

Die blutige Tat am Domplatz ereignete sich in den frühen Morgenstunden des 11. Dezember 2011. Die beiden jungen Männer waren einige Zeit zuvor in der berühmt-berüchtigten Lokalmeile der Stadt das erste Mal aneinandergeraten. Gegen 4.00 Uhr trat das spätere Opfer dem 20-Jährigen versehentlich auf die Füße. Der warf ihm eine Zigarette an den Kopf und setzte mit einem Fausthieb nach. Der Streit verlagerte sich vor das Lokal, die Polizei wurde gerufen - und die zwei Kontrahenten versöhnten sich. "Wir haben uns die Hand gegeben", erinnerte sich das Opfer heute im Zeugenstand.

Unterschiedliche Versionen

Beide Männer zogen dann - vermeintlich beruhigt - in andere Richtungen los, trafen aber etwas später in der Nähe des Domplatzes wieder zufällig aufeinander. Was dabei passierte, darüber hörte man im Prozess zwei unterschiedliche Versionen. Die des Opfers: "Wir sind aufeinander zu. Plötzlich ist es mir in der Brustgegend ziemlich warm geworden. Ich habe geglaubt, der andere hat mir in den Bauch gehaut. Ich habe ihn weggestoßen und bin davong'rennt."

Vor dem Eingang eines Lokals brach der junge Mann - mit sechs Stichen im Kopf-, Brust- und Rückenbereich - zusammen. Zwei im Lokal anwesende Sanitäter leisteten Erste Hilfe.

Tötungsvorsatz bestritten

Die Schilderung des Angeklagten (verteidigt vom Wiener Rechtsanwalt Wolfgang Blaschitz) lautete konträr: Die Aggression sei nicht von ihm, sondern vom Opfer ausgegangen. Der 22-Jährige hätte ihn, den Angeklagten, "in den Schwitzkasten genommen" und mit Schlägen traktiert. "Das war bedrohlich. Ich war in Panik, habe mich zur Wehr gesetzt." Deshalb habe er das in der Hosentasche mitgeführte Messer aufgeklappt und zugestochen. "Ich habe versucht, ihn zu verletzen, damit er von mir ablässt." Aber einen Tötungsvorsatz habe er nicht gehabt, so der Angeklagte. (APA, 10.5.2012)