Informationen
Alpenverein-Wetterdienst: Ein Service des Österreichischen Alpenvereins für seine Mitglieder, der uns immer wieder gute Dienste leistet und oft auch als Entscheidungsgrundlage dient. In diesem Zusammenhang hier auch einmal ein herzliches Dankeschön an alle Mitarbeiter des AV-Wetterdienstes für ihre hervorragende Arbeit.

Foto: Nina Strempfl

Täschhütte
Wir haben uns in der Täschhütte sehr wohlgefühlt. Im Gegensatz zu den Hütten, die man entlang der Haute Route antrifft, ist diese nicht sehr überlaufen und man kann so ein wenig mehr die Bergidylle inmitten der Viertausender der Mischabelgruppe genießen. Bewirtschaftung von April bis Mai und von Mitte Juni bis Ende September. Höhe über Meer: 2.701 Meter. Schlafplätze: 80, Winterraum: 10.

Foto: Nina Strempfl

Anreise
Die Anreise ist mit der Bahn zu empfehlen - nicht nur der Umwelt zuliebe. In Österreich sind die Gipfelziele oft nicht oder nur sehr umständlich mit öffentlichen Verkehrsmitteln erreichbar. Anders in der Schweiz: Man kann quasi vom Bahnhof aus mit dem Aufstieg beginnen. Darüber hinaus ist Zermatt autofrei. Das heißt, will man seine Tour von Zermatt aus starten, muss man sowieso sein Auto in Täsch abstellen und mit der Bahn weiter nach Zermatt fahren. Und noch ein unschlagbares Argument: Unser günstigstes ÖBB-Ticket Wien - Zermatt hat 39 Euro gekostet. Durchschnittlich 82,50 Euro in eine Richtung.

Foto: Nina Strempfl

-> Hier geht's zu den Fotos der Tour.

Foto: Nina Strempfl

Zumindest zweimal, so das hehre Ziel, wollen wir heuer in die Westalpen kommen: einmal mit Skiern und einmal im Sommer zum Klettern. Reizvoll sind dabei aber nicht die bekannten, viel begangenen Gipfel, sondern die bloße Dichte an hohen, teilweise schwierigen Bergen und Routen. Wer würde da nicht raufwollen? Eben!

Kurz vor dem unausweichlich näher kommenden Ende der Skisaison 2011/12 haben wir es dann auch tatsächlich noch geschafft. Zu dritt, behängt mit Pickel, Steigeisen und Skiausrüstung, klettern wir in den Nachtzug nach Zürich. Die erstaunten Blicke der Reisenden am Westbahnhof, die in kurzen Hosen Eis essen, stören uns kaum. Knappe zwölf Stunden später finden wir uns dann auch schon - relativ ausgeschlafen - in Täsch mitten in den Walliser Alpen wieder. Eine perfekte Anreise. Na ja, fast. 

Perfekt wäre es, wenn es in Täsch so viel Schnee hätte, dass wir gleich am Bahnhof die Skier anschnallen könnten. Da aber der Frühling schon ein kräftiges Lebenszeichen von sich gibt, entscheiden wir uns für die gemütlichere Variante und organisieren uns ein Taxi für die ersten paar hundert Höhenmeter zur Täschhütte.

Schweizer Zeitmessung

Nach knapp zehn Minuten Fahrt stoppt unser Chauffeur, Schnee versperrt die Fahrbahn. Egal, ab jetzt sei es nur mehr eine Stunde Aufstieg auf Skiern. Im Nachhinein betrachtet haben wir wahrscheinlich den subtilen Schweizer Humor überhört, denn ankommen tun wir erst Stunden später! 

Außerdem stellen wir fest, dass der Aufstieg zur Hütte großteils mit den Skiern am Rücken anstatt an den Füßen erfolgt. Dementsprechend müde erreichen wir dann auch den Eingang der Hütte, von dem aus uns einer der Hüttenwirte schon von Weitem begrüßt. Ein sehr ungewohntes Bild: Oft sind die Hütten in den Walliser Alpen so überrannt und unpersönlich, dass dieser herzliche Empfang richtig gut tut. 

Am nächsten Morgen machen wir uns dann in aller Früh auf mit dem Ziel, einen der leichteren Gipfel in der Umgebung zu besteigen: den Alphubel. Da diesmal alle unsere Gipfelziele fast exakt 4.200 Meter über dem Meer liegen, soll der erste Gipfel klarerweise der leichteste sein, damit wir uns langsam an die Höhe gewöhnen können. 

Der Anstieg und die Wegfindung verlaufen gut und erweisen sich auch als nicht sonderlich schwierig. Nur das Wetter spielt diesmal nicht mit. Vor der Abfahrt in Wien haben wir uns natürlich einen Wetterbericht beim Alpenverein geholt. Dieser versprach für den ersten Gipfeltag sehr stürmisches Wetter mit Niederschlag. Die nächsten zwei Tage sollten aber zunehmend besser werden, bevor es sich am letzten Tag wieder etwas verschlechtern würde. 

Als wir ein Plateau auf einer Höhe von gut 3.500 Metern erreichen, können wir uns hautnah von der Treffsicherheit der Wetterprognose überzeugen: Minus 15 Grad und ein peitschender Sturm zwingen uns schließlich dazu, die Tour abzubrechen und uns wieder in die wohlig-warme Hütte auf 2.701 Metern zu verkriechen. Durchgefroren erwärmen wir uns dort bei Tee und Kartenspiel. Irgendwie haben wir uns den Tag anders vorgestellt. Neuer Tag, neues Glück.

Einbruch beim "Rindviech"

Am nächsten Tag läutet trotzdem wieder um 4 Uhr der Wecker. Je nach Wetter planen wir, entweder den Alphubel oder das Rimpfischhorn zu besteigen. 

Zu unserem Glück passt an diesem Tag der Wetterbericht perfekt und wir entscheiden uns für die lange Tour, das Rimpfischhorn, von uns auch liebevoll und leichter merkbar "Rindviechhorn" genannt.

Es ist nicht mehr so beißend kalt wie am Vortag, aber der Wind weht dennoch recht lebhaft. Nach dem ersten Aufstieg erreichen wir nach einer kurzen Abfahrt den Mellichgletscher. Leicht ansteigend überqueren wir diesen in Richtung Rimpfischhorngrat. Dort nimmt dann die Steigung wieder zu, so dass wir die Anstrengung in der Höhe wieder stärker spüren. 

An dieser Stelle wollen wir auch alle Skibergsteiger daran erinnern, dass man auch im Winter mit Skiern am Gletscher nicht immer auf das Seil verzichten sollte. Ein Spaltensturz ist zwar im Winter unwahrscheinlicher als im Sommer, aber dennoch nicht auszuschließen. 

Die Bestätigung für diese Theorie haben wir auch selbst erfahren: Philip, der unsere kleine Dreier-Seilschaft führt, bricht plötzlich und ohne Vorwarnung durch eine unscheinbare Schneebrücke und hängt nur Sekundenbruchteile später in der Luft - gehalten durch den Seilzug und die verkeilten Skier.

Zum Glück müssen wir beiden Mädels nicht unsere Spaltenbergungskenntnisse anwenden, denn Philip schafft es, sich unverletzt und aus eigener Kraft aus der Spalte zu befreien. Also setzen wir unseren Aufstieg fort und sind bald schon am Rimpfischsattel, wo uns wieder ein beißender Wind um die Ohren peitscht. So fällt wenigstens nicht auf, dass wir alle vom Schreck ein bisschen weiß um die Nasen sind.

Vom Sattel aus geht es nur mit Steigeisen weiter. Zuerst geht's eine Schneewand hinauf, die man recht schnell nach links über eine Felsrampe wieder verlässt. Dass diese Abzweigung wohl oft nicht gefunden wird, zeigen die vielen Fußspuren, die weiter die Schneewand emporführen.

Das erklärt wohl auch, warum wir keine entgegenkommenden Bergsteiger treffen - alle haben den falschen Weg genommen. Kein Wunder, der Einstieg am Felsen ist auch nur durch eine sehr unscheinbare Reepschnur markiert. Von da an ist die Wegfindung allerdings nicht mehr schwer: Keine Fußspuren, somit auch keine falschen Fährten, aber dafür alle 20 bis 30 Meter eine gute Schlinge im Fels weist den Weg.

Schwungvoll in die Wärme

Mit zunehmender Höhe und Ausgesetztheit nimmt dann auch wieder der Wind zu und wir beginnen wieder heftig zu frieren. In der Nähe des Vorgipfels, etwa 60 Meter unter dem Gipfel, machen wir schließlich kehrt. Es ist für uns (mit der vorhandenen Ausrüstung) einfach zu kalt, um ein schönes und sicheres Gipfelerlebnis zu haben. Ohne Wehmut steigen wir rasch zu unserm Skidepot ab und beeilen uns mit dem Umbau von Steigeisen auf Abfahrtsski, da der Wind nun auch am Sattel ordentlich bläst. Den ersten Teil der Abfahrt machen wir am Seil, vorbei an der Gletscherspalte, die uns schon einen Schreckmoment geliefert hat. 

Weiter unten können wir dann sogar noch ein paar schöne Schwünge in den frischen Pulver- und Triebschnee ziehen und schwingen so bald wieder vor dem Gegenanstieg zur Täschhütte ab.

Dort gönnen wir uns erst einmal eine Tasse selbst gekochten Kaffee und Linzertorte - so viel Zeit muss sein! Zeit genug, um uns die Taktik für die nächsten Tage zu überlegen.

Bisher lag der Wetterbericht, der mittlerweile schon ein paar Tage alt ist, genau richtig. Da wir nicht wieder nach Täsch "abfahren" bzw. die Schier hinuntertragen wollen, haben wir am letzten Tag eine Abfahrt nach Zermatt geplant. Dafür müssten wir allerdings das Rimpfischhorn komplett umrunden und über den Allalinpass und den Adlerpass abfahren. Eine unmögliche Angelegenheit bei den Wetteraussichten, die uns in zwei Tagen erwarten. Also entscheiden wir uns kurzerhand für eine frühere Abreise, um die lange Tour nach Zermatt bei halbwegs gutem Wetter schaffen zu können.

Der kindliche Berg

Der nächste Tag beginnt also wieder um 4 Uhr früh, dafür aber ohne Wolken und mit unzähligen Sternen am Himmel. Fast schon kitschig der Sonnenaufgang, der den Himmel langsam verfärbt und das Matterhorn in ein orange-rosa Kleid tunkt. Einmal mehr überkommt mich (nur mich?) die Erkenntnis, dass das Matterhorn tatsächlich so aussieht, wie man es tausendfach schon auf Bildern gesehen hat: Eine kühn nach oben strebende, perfekte Ästhetik - genau so zeichnen Kinder Berge. Seltsam, wie hypnotisierend der bloße Anblick dieses schönen Berges noch nach Tagen wirkt.
Es scheint, als ob nun auch das Wetter ein Einsehen mit uns hat: Untertags zeigt sich keine einzige Wolke am Himmel und das Thermometer klettert erstmals in den positiven Bereich. Angesichts der Vortage schon eine fast surreale Erfahrung, wäre da nicht noch der Wind ...

Dieser hat sich dafür nun endgültig in einen Föhnsturm verwandelt. Eine von zahlreichen unangekündigten Böen, die plötzlich auf uns niederbricht, ist so stark, dass Philip und unsere Freundin Margit sich nur mit Müh und Not auf beiden Beinen halten können. Aus den Augenwinkel sehen die beiden dafür, wie ich den Zweikampf verliere und auf der Seite lande: eins zu null für den Wind. 

So kämpfen wir uns durch und stehen schließlich nach zwei Zwischenabfahrten am Adlerpass. Dort erwartet uns noch eine letzte Traumabfahrt: über 2.000 Höhenmeter direkt nach Zermatt.

Am späten Nachmittag mündet unsere Abfahrt schließlich direkt ins Skigebiet Zermatt, wo wir uns müde und ausgelaugt auf ein überteuertes und wenig schmackhaftes Heißgetränk niederlassen. Was der "Kaffee" zu wünschen übrig lässt, besorgt das Ambiente: strahlender Himmel, Loungemöbel auf einer Terrasse mit Blick aufs Matterhorn. Im Vordergrund säuselt ein Alleinunterhalter mit Gitarre den Song "Back for Good". Na ja, wer weiß ...