Google spaltet die Meinungen: Der US-Internetriese ist für die Werbewirtschaft und viele im Zuge der digitalen Globalisierung entstandenen neuen Geschäftsmodelle ein wesentlicher Partner geworden, zieht aber gleichzeitig durch den europäischen Hauptsitz in Irland seine Gewinne steuerfrei ab. Für Peter Lammerhuber, Präsident der Interessengemeinschaft der Mediaagenturen und Chef der Mediaagentur GroupM, schlicht eine "Steuerleistungshintergehung", wie er am gestrigen Mittwoch bei einer Podiumsdiskussion des MC-Medienclubs in Wien festhielt.

"Hier ist eine steuerliche Ungleichbehandlung im Gange, die auf Wertschöpfungshinterziehung beruht"

Alleine für Österreich wäre das entsprechende zu besteuernde Volumen zwischen 70 und 140 Mio. Euro anzusetzen, die in Österreich verankerte Werbeabgabe gelte allerdings nicht für Online-Medien. "Hier ist eine steuerliche Ungleichbehandlung im Gange, die auf Wertschöpfungshinterziehung beruht", so der Mediaplaner. Auch Angelika Sery-Froschauer, Obfrau des Fachverbandes Werbung und Marktkommunikation in der Wirtschaftskammer, sieht ein "großes Ungleichgewicht" in diesem Zusammenhang. "Die unmittelbare Wertschöpfung von Google passiert nicht hier."

Etwas positiver beurteilte Christine Antlanger-Winter die Rolle und das Gebaren des Konzerns. "Google hat ein System etabliert, das die globale Reichweite nutzen kann", erklärte die Präsidentin des Internet Advertising Bureau (IAB) Austria, dessen Mitglied Google ist. Außerdem sei das US-Unternehmen "kompromisslos User-orientiert. Das wird uns auch künftig im digitalen Bereich extrem stark begleiten". Was das Anzeigensystem AdWords sowie das Abrechnungssystem betrifft, sei man extrem effizient. "Der Preis bei Google ist einer der wenigen in der Werbewelt, der steigt und nicht fällt."

Aus der Sicht der Verleger ist Google schlicht "streng profitorientiert", wie Gerald Grünberger betonte. Der Geschäftsführer des Verbands Österreichischer Zeitungen (VÖZ) verwies auf das "auf ein Monopol ausgelegte Modell" des Unternehmens, das alleine in Österreich im Searchbereich auf rund 95 Prozent Marktanteil komme. "Man versucht, die User zu halten - egal in welchem Bereich." Grundsätzlich fordert er effektivere Schutzmechanismen und Leistungsschutzrechte: "Es geht um einen fairen Anteil der Wertschöpfung, der in der Contentwirtschaft generiert wird."

"Google-Wahrheit"

Ein nicht unwesentlicher Punkt sei die gesellschaftspolitische Dimension der Suchmaschine, die "nur die Google-Wahrheit" liefere, wie Mediaplaner Lammerhuber betonte. Für ihn stellt sich die Frage: "Wie unabhängig ist das Ergebnis?" Zwar habe sich das Unternehmen auf die Fahnen geheftet, "das Wissen der Welt den Menschen zugänglich zu machen", aber: "Faktisch sinkt die Anzahl der verwendeten Literatur. Statt dem Wissen der Welt wird die Nutzung verkürzt."

Auch Sery-Froschauer betonte die Notwendigkeit einer vielfältigen Medienlandschaft für die Werbewirtschaft, während Antlanger-Winter das Userverhalten in den Fokus der Aufmerksamkeit rückt. Diesem müsse man sich auch aus werbewirtschaftlicher Sicht anpassen und es als Chance sehen. Ähnlich argumentierte Rechtsanwalt Heinz Templ von Lansky, Ganzger & Partner. Eine Urheberrechtsabgabe auf Google sei aus rechtlicher Sicht keine gangbare Lösung: "Aber als Werbewirtschaft wird man sich mit diesen großen Playern mehr arrangieren und neue Modelle entwickeln müssen, die Google vielleicht auch in gewisser Weise austricksen." Einig war man sich jedenfalls, das es vor allem auf europäischer Ebene neue Regelungen braucht. Lammerhuber etwa forderte ein "Chancengleichheitsregulativ", während Grünberger Urheberrecht und Datenschutz in den Vordergrund rückte. (APA, 10.05. 2012)