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Alexis Tsipras und Evangelos Venizelos am Mittwoch.

Foto: REUTERS/Yorgos Karahalis

Athen/Istanbul - Unter wachsendem Druck der EU und der Märkte sind Mittwochabend in Athen verschiedene Modelle für eine neue Regierungsmehrheit nach den Wahlen aufgetaucht. Der Vorsitzende der sozialistischen Pasok und frühere Finanzminister Evangelos Venizelos schlug eine Mehrparteienregierung vor, die von dem Chef des linksradikalen Bündnisses Syriza, Alexis Tsipras, geführt und die von Pasok, der konservativen Nea Dimokratia und der proeuropäischen Demokratischen Linken gestützt würde. "Das Land hat keine Zeit zu verlieren", sagte Venizelos nach einem Gespräch mit Tsipras.

Der Syriza-Chef machte jedoch jede Hoffnungen auf eine Einigung zunichte. Noch für den Abend ließ Tsipras einen Brief an EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso und die EZB ankündigen, in dem er die Kreditvereinbarungen für null und nichtig erklären würde. "Unsere Vorschläge hatten eine große Mehrheit in der Bevölkerung, aber nur eine kleine im Parlament. Wir können unseren Traum für eine linke Regierung nicht wahr machen", erklärte er.

Tsipras will Hollande und Merkel treffen

Tsipras, der sich als Fürsprecher aller Griechen sieht, die den Sparkurs ablehnen, hatte im Lauf des Tages auch Gesprächstermine beim neu gewählten französischen Präsidenten François Hollande und bei der deutschen Kanzlerin Angela Merkel verlangt, war aber abgeblitzt. Das Bündnis der Linksradikalen war bei den Parlamentswahlen am Sonntag von knapp fünf auf fast 17 Prozent angewachsen und zur zweitstärksten Kraft hinter den Konservativen geworden.

Der Syriza-Chef verlangt von Venizelos und dem Chef der Konservativen, Antonis Samaras, ihre Unterschriften unter den Kreditvereinbarungen mit der EU und dem IWF zurückzuziehen. Samaras wirft den Linksradikalen wiederum vor, mit ihrer Verweigerungshaltung gegenüber den Sparmaßnahmen "das Land zu zerstören". Venizelos wurde am Donnerstag auch formal mit der Regierungsbildung beauftragt. Der Europäische Stabilitätsfonds billigte am Abend die Auszahlung eines Großteils der nächsten Kredittranche von 5,2 Milliarden Euro an Athen. (red/Markus Bernath, DER STANDARD, 10.5.2012)