Wien - Ein Spukschloss muss im Vergleich mit den ehemaligen Büroräumlichkeiten des Österreichischen Olympischen Comités (ÖOC) ein ziemlich gemütlicher Ort sein. Anders ist es kaum zu erklären, dass dort Buchhaltungsunterlagen stückweise verschwunden sind, wie man am Mittwoch beim Untreueprozess gegen den Ex-ÖOC-Generalsekretär Heinz Jungwirth am Wiener Landesgericht erfahren konnte.

Denn die Akten vor 2005 waren spätestens im Februar 2009 plötzlich nicht mehr auffindbar, wie Matthias Bogner, Jungwirths Nachfolger von 2009 bis 2010, erläuterte. Wann sie wohin kamen, weiß offenbar niemand. Sie wären möglicherweise nicht ganz unwichtig, um feststellen, ob Jungwirth zwischen 2005 und 2009 2,8 Millionen Euro des ÖOC für private Zwecke benutzt hat.

Denn wie viel Geld verschwunden ist, weiß noch immer niemand genau. Ein Wirtschaftsprüfer, der als Zeuge aussagte, sprach von 72.000 Euro Fehlbestand in einem kleinen Teilbereich, bei einer zweiten Prüfung wurde kein Gesamtbetrag erhoben. Auf einem Sparbuch, das zusätzlich zu offiziellen Konten benutzt wurde, sollen aus seiner Sicht 188.000 Euro im Jahr 2008 gefehlt haben, 25.000 Euro waren es 2005. Der Angeklagte bestreitet das heftig, der Prüfer sei von falschen Zahlen ausgegangen, das Konto sei immer wieder ausgeglichen worden.

Sicher ist, dass Letzterer bei seiner Untersuchung oft zu hören bekam: " Das weiß nur der Doktor Jungwirth."

Um Klarheit über die Geldflüsse zu bekommen, soll nun ein Zusatzgutachten erstellt werden, der Prozess geht im Juli weiter. (Michael Möseneder - DER STANDARD, 10.5. 2012)