Unbehagen auf der Parkbank: "Die Zoogeschichte".

Foto: Garage x / Marko Lipus

Wien - Ein smarter Verlagsangestellter (Tim Breyvogel) sitzt, in seine Lektüre versunken, auf einer Bank im New Yorker Central Park. Ein abgerissener, echauffiert wirkender Mann (Till Firit) stapft über den sorgfältig ausgelegten Kiesweg. Der Strotter Jerry wird sich an Peter, dem Sonntagsleser mit dem hübschen Pfeifenset, festsaugen. Ihn in ein Gespräch verwickeln, nach dessen eskalierendem Verlauf Peter völlig verstört nach Hause läuft, heim zu seinen Kanarienvögeln und Katzen (und zu seiner Frau und den Kindern).

Jerry hingegen hat seinen Platz behauptet in der Garage X und in Edward Albees Einakter Die Zoogeschichte (1958). Das Taschenmesser, das er Peter aufgedrängt hat, steckt endlich in seiner Brust. "Peter, auch du bist ein Tier!", triumphiert der suizidal gestimmte Sonderling, ehe sein Kopf erlahmt und von der Bank rutscht.

Seinen Platz behauptet hat vorderhand auch Dieter Haspel, der Regisseur dieser pfiffig, aber eben auch stark nostalgisch vom Blatt musizierten Etüde. Waren das Zeiten, als man das Unbehagen an einer Kultur, die von jeher Elend produziert, noch in wohlformulierte Erörterungen goss. Als man Stücke wie das vorliegende getrost als Parabel auffassen durfte. Als das Flunkern noch geholfen hat und einem jeder Passant auf der Straße ein willkommenes Rätsel aufgab. Was passiert, wenn mir ein wildfremder Mensch die Parkbank unter dem Gesäß wegzieht? Droht dann die Oktoberrevolution? Oder darf man sich über das mittelständische Glück, das man erreicht hat, nicht auch freuen?

Ungetrübte Freude darf man über das Spiel der beiden Schauspieler empfinden. Firits nervöse Entwicklung einer bis auf die Knochen entblößten Existenz, die ihren Irrsinn als Waffe gebraucht, verdient großes Lob. Man wird hinfort um Parkbänke einen Bogen machen. Haspel inszeniert übrigens auch nächste Saison am Petersplatz. (Ronald Pohl, DER STANDARD, 10.5.2012)