Ein erster Termin für die ORF-Arbeitsgruppe ist gefunden: Am 23. Mai trifft sich nach STANDARD-Informationen der Arbeitskreis, der womöglich einmal weiterweiß, was mit dem ORF passieren soll. Eingeladen hat Josef Ostermayer (SPÖ), Staatssekretär im Kanzleramt. Die Mediensprecher der Parteien sollen wie berichtet mitreden, dazu Experten und Stiftungsräte, deren Zahl Kanzler Werner Faymann (SPÖ) und Vizekanzler Michael Spindelegger (ÖVP) ja deutlich verringern wollen.

Peter Huemer, der sich mit der Plattform "SOS ORF" seit langem für die politische Unabhängigkeit des ORF starkmacht, und Kurt Bergmann, ehemals ÖVP-Abgeordneter und ORF-Generalsekretär unter Gerd Bacher und Mitglied der Plattform "Rettet den ORF", sowie der ORF-Redakteursrat (Vorsitzender Fritz Wendl) wurden schon genannt. Der Chef der Medienabteilung des Kanzleramts, Matthias Traimer, hat berufsbedingt noch an jeder Mediennovelle mitgeschraubt und sie vor allem nach Kräften und politischen Möglichkeiten in rechtlich einwandfreie Formulierungen übersetzt.

In die Arbeitsgruppe zur nächsten oder übernächsten ORF-Novelle soll aber auch Roger de Weck kommen, berichtet der "Kurier". Der frühere "Zeit"-Chefredakteur und TV-Moderator wurde 2010 eher überraschend statt eines nach Politlogik erwarteten Kandidaten zum Generaldirektor des öffentlich-rechtlichen Schweizer Rundfunks gewählt.

Zudem geladen: Michael Truppe, früher Kanzleramt, nun Medienbehörde. Und Hugo Portisch wurde zum Referat geladen. Wohl auch aus optischen Gründen: Er war in den 1960er Jahren als "Kurier"-Chefredakteur einer der wichtigsten Betreiber des ORF-Volksbegehrens. Keine Gespräche soll es dem Vernehmen nach mit aktiven ORF-Stiftungsräten geben.

Daniela Kittner berichtet im "Kurier" auch unter Berufung auf ORF-General Alexander Wrabetz von Plänen des damaligen Finanzministers Karl-Heinz Grasser, ORF 1 und Ö3 zu privatisieren. Derlei forderte übrigens Walter Meischberger schon als Mediensprecher der FPÖ in den 1990ern.

Kritik an Zusammensetzung der Arbeitsgruppe

Jene Arbeitsgruppe, die demnächst über die Reform der ORF-Gremien beraten soll, fällt nicht gerade durch ihre innovative Schlagkraft auf, finden Medienwissenschaftler. Reinhard Christl, Leiter des Instituts für Journalismus und Medienmanagement an der Fachhochschule Wien, kritisierte, dass das Durchschnittsalter jener Gruppe, die dem ORF ein zeitgemäßeres Kleid verpassen und ihn in Richtung Zukunft reformieren soll, "zwischen 60 und 70 Jahren liegt".

Christl und der Kommunikationswissenschaftler Fritz Hausjell vermissen in der Zusammensetzung den weiblichen Input sowie Experten aus den Bereichen Internet und Social Media. Für Hausjell ist etwa der ehemalige ORF-Generalsekretär und -Stiftungsrat Bergmann "eine Person, die das alte politgesteuerte System verkörpert". Ihn als Reformer darzustellen findet Hausjell "wenig überzeugend, es sei denn, er wäre vom Saulus zum Paulus mutiert". (APA/fid, derStandard.at, 9.5.2012)