Die meisten der 83 Brennelemente arbeiten seit März 1962, als der Reaktor in Betrieb ging.

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Nicht unterschreiben und gleich ganz abschalten: So lauten die aktuellen Forderungen der Grünen an Wissenschaftsminister Karlheinz Töchterle. Es geht um den Forschungsreaktor der Technischen Uni (TU) Wien im Prater. Im Zusammenhang damit vermuten die Grünen einen "26 Millionen Euro schweren Geheimdeal mit den USA", den Töchterle morgen, Donnerstag, unterzeichnen soll. Das hätten die Grünen "aus Kreisen im Wissenschaftsministerium erfahren" - und das wollten sie durch eine politische Vollbremsung in letzter Minute verhindern.

Der "Deal" klingt aus grüner Sicht so: "Die USA liefern neue Brennstäbe für den Wiener Atomforschungsreaktor und nehmen im Gegenzug die alten Brennstäbe zurück. Der Praterreaktor soll also nicht wie ursprünglich geplant 2016 stillgelegt, sondern noch Jahrzehnte weiterbetrieben werden." Angesichts von 20 Millionen Euro Schulden der TU Wien sei die " Investition in einen Atomdeal ohne jede Relevanz unverantwortlich", meinen die Grünen. Töchterle solle als zuständiger Minister den Vertrag zwischen TU und US-Energieministerium nicht unterschreiben.

"Die Regierung spart bei der Bildung und kann es sich gleichzeitig leisten, 26 Millionen für den Betrieb eines Atomforschungsreaktors auszugeben, den niemand mehr wirklich braucht. Das passt nicht zusammen" , sagt Parteichefin Eva Glawischnig. Der Reaktor solle abgedreht werden, " er bringt keinen relevanten Nutzen mehr".

Aus Sicht des Ministeriums sieht die Sache anders aus: Was jetzt anstehe, sei der "reguläre Austausch der Brennstäbe", und im übrigen werde der Vertrag nicht vom Minister unterzeichnet, sondern von der TU Wien.

Das "Rücknahmeprogramm" der USA endet 2019. Bis dahin nehmen sie die großteils noch von 1962 stammenden Brennstäbe des Forschungsreaktors des Atominstituts - seit damals ist es im Prater angesiedelt - zurück und entsorgen die Elemente.

"Unseriöse Darstellung"

Das Ministerium wollte "aufgrund der noch laufenden Gespräche keine Summe nennen, es handle sich aber jedenfalls um einen Bruchteil des von den Grünen genannten Betrags". Man weise die "unseriöse Darstellung seitens der Grünen auf das Schärfste zurück", sie würden mit "falschen Informationen bewusst verunsichern und die Arbeit der exzellenten Forscher verunglimpfen". Das Ministerium sei "klar dagegen, einzelne Forschungsbereiche gegeneinander auszuspielen".

Was den von den Grünen bezweifelten Nutzen anlangt, erinnerten Ministerium und TU Wien daran, dass es sich bei der Neutronenquelle, die nun bis 2025 weiterlaufen soll, um ein Grundlagenforschungsinstrument handelt, aber auch Sicherheitsforschung und die Ausbildung der Atominspektoren der in Wien ansässigen Internationalen Atomenergie-Organisation IAEO werden geleistet. (Lisa Nimmervoll, DER STANDARD, 9.5.2012)