Graz - Im Grazer Straflandesgericht ist am Dienstag der Prozess wegen NS-Wiederbetätigung, bei dem zehn vorwiegend junge Männer angeklagt sind, fortgesetzt worden. Als Haupttäter bezeichnet der Staatsanwalt den Oststeirer Franz Radl, der bereits einschlägig vorbestraft ist. Es geht in dem Verfahren um das Verteilen von Aufklebern, um zweifelhafte Internetseiten, aber auch Ausschreitungen in einem Lokal und bei einer öffentlichen Fußballübertragung.

War der erste Verhandlungstag am Montag noch allein den Ausführungen von Staatsanwalt Johannes Winklhofer und den Verteidigern vorbehalten, so kamen am Dienstag erstmals die Beschuldigten zu Wort, die sich allesamt nicht schuldig fühlen. Die Befragung des ersten Angeklagten dauerte rund zwei Stunden, da er sich nur sehr zögerlich bis gar nicht an die Vorfälle erinnern konnte. Ihm wird vorgeworfen, in einem Lokal zusammen mit seinen Freunden eine Geburtstagsfeier von Studenten gestört und einen der Gäste zusammengeschlagen und schwer verletzt zu haben. Die Körperverletzung ist allerdings in einem eigenen Prozess abgehandelt worden, diesmal ging es nur um die provokanten Äußerungen, die zur Schlägerei geführt hatten.

"Ich wollte mich nicht wiederbetätigen"

Während die Studenten "Happy Birthday" gesungen haben, sollen einige der Angeklagten ihrerseits aufgestanden sein, das Horst-Wessel-Lied gesungen und den Hitlergruß ausgeführt haben. Davon wollte der Angeklagte nichts gehört oder gesehen haben. "Ich war die ganze Zeit auf der Toilette", rechtfertigte er sich. "Sie wissen aber schon, was das Horst-Wessel-Lied ist?", fragte Richter Raimund Frei. "Ja", kam es vom Angeklagten. "Haben Sie es gesungen?", hakte der Richter nach. "Nein", antwortete der Befragte kategorisch. "Vielleicht zu Hause im Kammerl? Das darf man ja", setzte der Richter nach. Doch auch das wurde verneint.

Beim Public Viewing während der Fußball-WM 2010 kam es zu einem weiteren Vorfall, damals sollen einige der Angeklagten "SS - Es eskaliert" und "SA, SA, es artet aus" gerufen haben. Das leugnete der Beschuldigte gar nicht, meinte aber "das ist ein ganz anderer Zusammenhang". Es sei dumm von ihm gewesen, das zu tun, "aber ich wollte mich nicht wiederbetätigen". "Zeugen haben aber gerade Sie als besonders aggressiv bezeichnet", hielt ihm der Richter vor. Da mischte sich Verteidiger Hans Lehofer ein: "Ich muss was fragen, die jungen Hupfer tun mir leid..." begann er, wurde aber vom Staatsanwalt scharf unterbrochen: "Die haben ihrem Opfer das Gesicht zertreten", verwies er auf die schweren Verletzungen, die zur nicht rechtskräftigen Verurteilung einiger der Beschuldigten geführt hatten, woraufhin der Anwalt darauf verzichtete, seine Ausführungen fortzusetzen.

Der Prozess wird morgen, Mittwoch, um 9.45 Uhr fortgesetzt, es geht mit der Befragung des fünften Angeklagten weiter. Mit der Einvernahme von Franz Radl wird voraussichtlich erst am Donnerstag begonnen.(APA, 8.5.2012)