Charme, Schmäh, Lockerheit

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Dass die Fußstapfen sehr groß sind, in die er nun tritt, dürfte Wolfgang Mayrhuber spätestens nach dem Stabswechsel in dieser Woche klar geworden sein. Die deutschen Medien widmeten dem bisherigen Lufthansa-Chef Jürgen Weber minutenlange TV-Berichte und lange Artikel, während der "Neue" nur kurz erwähnt wurde.

Der neue Chef-Lufthanseat ist in Deutschland noch ein weit gehend unbeschriebenes Blatt, obwohl er der Airline seit mehr als dreißig Jahren angehört und zuletzt den wichtigen Geschäftsbereich Passagiere leitete. "Wer in Gottes Namen ist Wolfgang Mayrhuber?", fragte die Wirtschaftszeitung Handelsblatt, als Weber im Vorjahr den Österreicher zu seinem Stellvertreter und damit zu seinem Nachfolger kürte.

Auf keinen Fall Lehrer

Mayrhuber wurde am 22. März 1947 in Waizenkirchen in Oberösterreich geboren. Sein Vater war Redakteur bei der Steyrer Zeitung, die Mutter Lehrerin. Lehrer, wie es die Eltern wünschten, wollte er auf keinen Fall werden. Er besuchte die Maschinenbau-HTL in Steyr, dann drängte es ihn hinaus in die Welt. Er studierte und jobbte zwei Jahre in Kanada. Nach der Rückkehr nach Europa wollte er Pilot werden, erntete aber nur Absagen. Immerhin: Die Lufthansa schrieb zurück, er könne am Boden als Ingenieur für sie arbeiten.

So begann der Oberösterreicher 1970 in der Triebwerkswartung des Konzerns in Hamburg. Danach ging es Schritt für Schritt aufwärts, die "ganz normale Ochsentour", wie es Mayerhuber nennt. Weber war sein Förderer, der ihn nach dem Executive Management Training am renommierten Massachusetts Institut of Technology (MIT) in Boston in sein Sanierungsteam holte. Anfang 2001 erfolgte der Sprung in den Konzernvorstand, im April 2002 die Bestellung zum stellvertretenden Konzernchef.

Charme, Schmäh, Lockerheit

Seine österreichischen Wurzeln dürften ihm im Unternehmen mit 94.000 Mitarbeitern zugute kommen. Charme, Schmäh und Lockerheit sind die am häufigsten genannten Eigenschaften, aber auch als harter Verhandler wird der burschikos wirkende 56-Jährige charakterisiert. Obwohl er ein "Lufthanseat durch und durch" ist und sogar seine Ehefrau, eine ehemalige Stewardess, mit der er drei Kinder hat, konzernintern fand, hat er seinen österreichischen Akzent noch nicht ganz abgelegt.

Als "Bua vom Adi" stellt er sich bei seinen Heimaturlauben am Stammtisch in Waizenkirchen vor, das er noch gelegentlich besucht. In Vorderstoder baute er für sich und seine Familie ein kleines Holzhaus als Feriendomizil. Aber heuer wird wohl wenig Zeit für einen Abstecher in die Heimat und sein liebstes Hobby, das Skifahren, bleiben. Schließlich gilt es, die zweitgrößte europäische Fluglinie durch die Krise zu steuern. (Alexandra Föderl-Schmid, DER STANDARD Print-Ausgabe, 20.6.2003)