Der nächste Abschied. Diesmal muss kein Urgestein des deutschen Entertainments gehen, sondern der bis 2008 erste türkischstämmige "Tatort"-Kommissar Mehmet Kurtulus alias Cenk Batu. Sein Ende war unausweichlich: Von den Kritikern gepriesen und von der Quote missachtet, infiltrierte Batu als verdeckter Ermittler beim Landeskriminalamt in Hamburg unter anderem islamistische Terrorzellen, Organhändler und Industriespione.

Foto: ORF/ARD/Sandra Hoever

Die Themen waren zwar genretypisch, der Ermittler wechselte hingegen seine Identitäten wie Unterhosen - das missfiel traditionsbewussten "Tatort"-Sehern. Eben keine Dutzendware. Sein sechster und letzter Fall "Die Ballade von Cenk und Valerie" führt ihn in die Finanzwelt der Hansestadt. Ein skrupelloser Trader setzt eine Killerin auf den Bundeskanzler an, um aus den Börseturbulenzen nach dessen Tod Kapital zu schlagen.

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Den wahnwitzigen Plot flankieren geldgierige Trader, ein waldschratiges Kind und (endlich!) eine Frau an Batus Seite. Doch weniger der verdeckte Ermittler verleiht diesem Film Charakter als vielmehr die ganz formidable Corinna Harfouch als bluthustende Tötungsmaschine Valerie. Als eiskalte Terminatorin, die wie die steirische Eiche aus Hollywood die Umgebung per Oberflächenscan wahrnimmt. In drei Worten: unheimlich, furchteinflößend, gefühlskalt.

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Ästhetisch anspruchsvoll, aber leider zu effekthascherisch streift sich der dramatische 90-Minüter das Kinogewand über. Ab Herbst folgt Til Schweiger Kurtulus nach. Für erhitzte Gemüter sorgte sein Vorschlag, den Vorspann abzuschaffen. Im schlimmsten Fall heißt das dann "Keinvorspanntatort". (Michael Ortner, DER STANDARD, 8.5.2012)

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