Die Produktion "Desafinado" gastiert.

Foto: Sicht:wechsel

Im Vordergrund steht der Qualitätsanspruch, so Festivalorganisator Alfred Rauch. Und hier gilt, wie bei anderen Festivals auch: Nicht jeder, der künstlerisch tätig ist, erfüllt ihn. Das gilt insbesondere für ein Festival, bei dem Besucher nur allzu leicht versucht sind, Beeinträchtigungen als Entschuldigungsgrund für mangelnde Qualität hinzunehmen. Genau das, so Rauch, soll keinesfalls passieren bei Sicht: wechsel.

In der bildenden Kunst, die heuer auch Teil des Programms ist, ist dies ob der nicht notwendigen Anwesenheit der Künstler leichter möglich: Und so hängen unter dem Titel Irr.relevant im Kunstmuseum Artemons (Hellmonsödt) Bilder in Durchmischung verschiedener künstlerischer Positionen, Arbeiten etablierter oberösterreichischer Künstler neben jenen von Kunstschaffenden aus den Institutionen Caritas St. Pius und Hartheim, der Lebenshilfe Gmunden und dem Diakoniewerk Gallneukirchen. Auf der Bühne funktioniert dieser egalitäre Anspruch nicht so leicht, wenn etwa Beeinträchtigungen sichtbar und identifizierbar sind.

Oft werde außerdem übersehen, so Alfred Rauch, dass Menschen mit unterschiedlichen Beeinträchtigungen Recht und Anspruch darauf hätten, ebenso differenziert wahrgenommen zu werden. Deshalb sind im Programm exemplarische Positionen zu finden: das deutsche Ensemble Die Blindgänger etwa, in dem Blinde und Sehbehinderte spielen, Star-Pantomime Jomi, der seit seiner Kindheit gehörlos ist, die portugiesische Grupo Dançando com a Diferença, die mit der Produktion Desafinado zu Gast ist oder die spanische Gruppe Danza Mobile, die ein Stück bringt, das ausgehend von einem Gedicht des Tänzers mit Down-Syndrom José Manuel Munoz erarbeitet wurde.

Danza Mobile ist außerdem im Filmprogramm des Festivals zu sehen mit Me too - wer will schon normal sein?. Nach Normalität hinsichtlich Rezeption und Ausbildung sehnt sich hingegen Alfred Rauch und danach, dass Menschen nicht trotz ihrer Behinderung, sondern wegen ihres Talents nicht nur auftreten "dürfen", sondern auch Zugang zu universitärer, künstlerischer Ausbildung erhalten. Dann endlich könne künstlerische Qualität mit gleicher Ausgangsbasis gleichberechtigt wertgeschätzt und bemessen werden. (wkh, DER STANDARD, 8.5.2012)