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Hat er Millionen veruntreut oder schlicht einer saloppen Buchhaltung gefrönt? Ex-ÖOC-Generalsekretär Heinz Jungwirth sitzt seit Montag vor dem Wiener Landesgericht und beteuert seine Unschuld.

Foto: dapd/Zsak

Wien - Der Vater von Heinz Jungwirth hatte nicht ganz unrecht, als er seinen Sohn bezüglich dessen Berufswahl kritisierte. "Da habe ich dich was lernen lassen, und dann gehst du zu so einem windigen Verein", hatte er gesagt, als der Lehrer 1981 zum Österreichischen Olympischen Comité (ÖOC) wechselte. Ein Jahr später war Jungwirth Generalsekretär, nun sitzt er im Wiener Landesgericht vor dem Schöffensenat unter Vorsitz von Georg Olschak.

Der Vorwurf von Staatsanwalt Andreas Allex: Zwischen 2003 und 2009 soll Jungwirth 2,8 Millionen Euro an ÖOC-Geldern für private Zwecke verwendet haben - bis zu zehn Jahre Haft drohen für diese Untreue. Mit dem Geld sei Diverses bezahlt worden: der Reitlehrer des Sohnes, noble Autos, Hausumbauten, Urlaube.

Jungwirth nimmt das staunend zur Kenntnis - und bekennt sich nicht schuldig. Geld habe er genommen, aber zurückbezahlt. Den größten Teil, denn der Rest habe ihm an Honoraren und Boni zugestanden, das sei mit dem damaligen ÖOC-Präsidenten Leo Wallner so vereinbart gewesen.

Ungewöhnliche Geldflüsse

Sicher ist, dass die Geldflüsse in dem Verein, nun ja, ungewöhnlich waren. Es gab zwei offizielle Konten, ein Sparbuch und ein Schwarzgeldkonto. Letzteres, gespeist aus Vergütungen des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) und Sponsorgeldern, habe Wallner verlangt, um politisch heikle Dinge zu finanzieren: die Einladung von Alexander Lukaschenko, des Präsidenten von Weißrussland, zu einem Ausflug nach Österreich. Oder den Kauf eines Tiroler Hotels. Warum das sein musste, sagt der 60-Jährige nicht und verweist auf Wallner.

"Hat es eigentlich auch legale Konten gegeben beim ÖOC?", fragt Richter Olschak ironisch. "95 Prozent der Tätigkeiten sind über legale Konten abgewickelt worden." Wofür man dann das Sparbuch benötigt habe, auf dem hunderttausende Euro lagen? "Wir haben das wie eine Handkassa benutzt, für Zahlungen und Refundierungen. Es gab höhere Zinsen als auf dem Konto."

Ganz einleuchten will das Olschak nicht. Etwa, wenn Jungwirth argumentiert, dass er auch seine Boni und Honorare vom Sparbuch oder Schwarzgeldkonto genommen habe. Schriftliche Vereinbarungen dazu gibt es nicht, es sei aber mit Wallner akkordiert worden. Dass er laut den ÖOC-Satzungen auf das Vermögen überhaupt nicht zugreifen hätte dürfen, streitet Jungwirth nicht ab, es sei aber ebenso - mündlich - mit Wallner vereinbart gewesen.

Kein Schaden

Doch Schaden sei nie entstanden, er habe das "geborgte" Geld immer zurückbezahlt. Interessanterweise weiß man das selbst beim ÖOC nicht so genau. Buchhaltungsunterlagen gibt es nur von 2005 bis 2009, wie viel Geld auf das Schwarzgeldkonto geflossen und wie viel abgehoben worden sei, weiß Jungwirth alleine.

Nur eines gibt er jovial zu: Freiflüge der AUA seien an Familie und Funktionäre verkauft worden - und dann dem IOC verrechnet worden. "Soll ich das Geld nicht nehmen? Herr Rat, da kenne ich niemanden, der das nicht macht." "Dann kennen Sie die falschen Leute", lautet die Reaktion.

Der Prozess wird am Dienstag fortgesetzt, die Befragung von Leo Wallner steht auf dem Programm. (Michael Mösenender, DER STANDARD, 8.5.2012)