Maria Vassilakou, die grüne Vizebürgermeisterin von Wien, wirkt in Interviews (zuletzt wieder zeitgleich in mehreren Medien) wie die Pressereferentin des Stadtoberhauptes Michael Häupl. Selbst ungefragt beginnt sie jede zweite Antwort mit einem Lob für den SPÖ-Koalitionspartner.

Sie erinnert damit an Waltraud Klasnic, die nicht müde wurde, in jede Rede, in jedes Gespräch ein Lob für Landeshauptmann Krainer einzuflechten - bis sie 1996 eine Nachfolgerin wurde.

Der Unterschied: Klasnic und Krainer gehörten zur selben Partei, Vassilakou und Häupl vertreten zwei verschiedene Fraktionen. Weil die Grüne dem Roten nicht direkt nachfolgen kann und weil Vassilakou nicht der Typ einer Pressereferentin ist, kann die Schmeichelei nur einen Grund haben: Vassilakou möchte nicht nur die Rathaus-Koalition möglichst lange erhalten. Sie will, was sie seit längerem offen sagt, Rot-Grün auch auf Bundesebene. Und da hat Häupl bekanntlich ein gewichtiges Wort mitzureden.

Die Grünfinken pfeifen es ohnehin von den Rathausbäumen. "Mary" - wie Vassilakou intern gerufen wird - möchte höher hinaus und hätte für eine Beteiligung ihrer Partei in der Bundesregierung einen großen Vorteil. Die Führung eines zentralen Ressorts in der Millionenstadt macht sie ministrabler als ihre Konkurrentin Eva Glawischnig.

Eine Vorentscheidung fällt bei den Nationalratswahlen 2013. Wenn die Wiener Grünen deutlich besser abschneiden als bei den letzten Wahlen, dann hat Vassilakou die Nase vorn - vorausgesetzt, das Wahlergebnis ermöglicht den Grünen überhaupt eine Regierungsbeteiligung.

Am Rande aber spielt noch eine Auseinandersetzung eine Rolle: die Grazer Stadtwahlen Anfang 2013. Denn dort befinden sich die Grünen ebenso wie ihre oberösterreichischen Anti-Atom-Kombattanten in einer schwarz-grünen Konstellation - in Graz freilich wesentlich konfliktreicher als in Linz.

Sollten die Grazer Grünen trotz massiver Konkurrenz mit den dortigen Piraten zulegen, dann wäre das zuletzt auch von der Bundessprecherin Glawischnig präferierte rot-grüne Modell gefährdet, vor allem in seiner Bussi-Bussi-Variante à la Vassilakou.

Indessen dürfte das fast schon notorische Gieren der Grünen nach dem Regieren bei den jüngeren Wählerinnen und Wählern nicht so gut ankommen. Bei Diskussionen werden sie immer öfter zu den etablierten Altparteien gezählt. Und ganz offensichtlich können sie auch den Trend zur Wahlenthaltung nicht stoppen. Sie gehören längst zum "System".

Radlfahren allein genügt nicht, um unkonventionell zu wirken. Gegen die Einbahn zu fahren, kann auch gefährlich sein. Sich wie in Graz gegen ein Alkoholverbot auf öffentlichen Plätzen auszusprechen, unterstützt die Falschen. Punker sind keine Veränderer.

Warum die Grünen gebraucht werden, zeigt sich im laufenden Untersuchungsausschuss unter der Führung einer Grünen. Ohne Peter Pilz gäbe es die jüngsten Transparenz- und Anstandsregelungen nicht. Die Grünen will man nicht als Kuscheltruppe. (Gerfried Sperl, DER STANDARD, 7.5.2012)