Paris - In den letzten Tagen des französischen Präsidentschaftswahlkampfes haben sich bei Versammlungen des konservativen Amtsinhabers Nicolas Sarkozy (UMP) Übergriffe von Sympathisanten gegenüber Medienvertretern gehäuft. Am 1. Mai wurde am Trocadero in Paris, wo Präsident Sarkozy eine Kundgebung hielt, ein Journalist des Internet-Enthüllungsdienstes Mediapart, der über Sarkozys mutmaßliche Wahlkampffinanzierung im Jahr 2007 durch den libyschen Machthaber Muammar al-Gaddafi berichtet hatte, tätlich angegriffen.

Die Menschenmenge habe den Journalisten geschubst und gestoßen, ihm seinen Journalistenaufstecker von den Kleidern gerissen und ihn als "schmutzigen Linken" beschimpft, wurde berichtet. Mediapart erstattete Anzeige gegen unbekannt. Bei derselben Kundgebung am Trocadero wurden nach Angaben des Informationsdienstes Slate.fr auch weitere Journalisten von UMP-Anhängern beschimpft und sogar an den Haaren gezogen. Ein Journalist erklärte gegenüber dem Magazin "Telerama", dass man ihn im Rücken geschlagen habe. Er merkte an, dass man solche Praktiken bisher nur bei der rechtsextremen "Front National" (FN) erlebt habe, aber noch nie bei der UMP.

"Ziemlich bösartig"

Vergangenen Donnerstag mussten zwei Journalisten des Nachrichtensenders "BFM TV" im Zuge einer Wahlkampfveranstaltung Sarkozys im südfranzösischen Toulon eine Direktübertragung abbrechen, weil sie von der anwesenden Menschenmenge angepöbelt und mit gefüllten Plastikflaschen beworfen wurden. "Die Atmosphäre rund um uns herum ist ziemlich unangenehm. Die militanten Anhänger beschimpfen uns, sind ziemlich bösartig", sagten die Journalisten kurz vor Unterbrechung der Direktübertragung. Später berichteten die beiden Journalisten, dass man sie als "Kollaborateure" beschimpft und angespuckt habe. Der Sicherheitsdienst vor Ort musste intervenieren, um die Fernsehreporter zu beschützen.

Zahlreiche Medienvertreter beklagten den Umstand, dass die wiederholten Kritiken Sarkozys an den Medien diese aggressive Haltung der UMP-Sympathisanten genährt habe. Präsident Sarkozy verurteilte am Freitag die Ausschreitungen gegenüber den Journalisten, warf den Medien aber gleichzeitig "Intoleranz" und "Voreingenommenheit" gegenüber den Konservativen vor. (APA, 5.5.2012)