Heinrich Schaller: "Bei Raiffeisen geht es mir sehr gut. Ich sehe Raiffeisen auch nicht als grüne Krake."

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Standard: Wie haben Sie den Wechsel von der Wiener Börse zur grünen Krake bewältigt?

Schaller: Bei Raiffeisen geht es mir sehr gut. Ich sehe Raiffeisen auch nicht als grüne Krake. Wir sind einfach ein wesentlicher Wirtschaftsfaktor mit vielen Arbeitsplätzen. Dabei soll es bleiben.

Standard: Ihr Vorgänger Ludwig Scharinger ist wegen seiner Macht als heimlicher Landeshauptmann bezeichnet worden. Wollen Sie in diese Rolle schlüpfen?

Schaller: Nein. Wir sind eine Bank, die auch ein nicht unwesentliches Beteiligungsportfolio hält. Das hat mit Macht oder Politik wenig bis gar nichts zu tun. Wirtschaft und Politik müssen sich ergänzen.

Standard: Man muss keine Kuh besitzen, um Milch zu haben. Warum dieses Beteiligungsimperium von Voest über Amag bis Vivatis?

Schaller: Ich sehe das Beteiligungsgeschäft als Finanzierungsgeschäft. Zusätzlich hat es den angenehmen Nebeneffekt, dass man von der Wertsteigerung der Unternehmen profitiert. Zudem ist es bei größeren Betrieben für Österreich von Vorteil, wenn die Zen-tralen im Land bleiben. Wir brauchen also einen starken heimischen Kernaktionär. Wenn wir dieses Kriterium auch noch erfüllen, dann ist es umso besser.

Standard: Das Risiko ist aber auch höher: Wenn ein Betrieb kippt, verlieren Sie nicht nur den Kredit, sondern auch das eingesetzte Kapital.

Schaller: Da gibt es ohnehin interne Grenzen, bei denen das Kredit- und Beteiligungsrisiko gemeinsam betrachtet werden. Habe ich mehr Beteiligung, kann ich weniger fremdfinanzieren. Nichtsdestotrotz sind wir dabei, die Beteiligungen zu straffen.

Standard: Die Beteiligungen an Medien in der Raiffeisengruppe sind wohl weniger mit Wertsteigerung als mit erwünschter Einflussnahme zu erklären.

Schaller: In Oberösterreich hält Raiffeisen nur eine kleine Medienbeteiligung. Wie das in anderen Bundesländern gehandhabt wird, da mische ich mich nicht ein.

Standard: Raiffeisen ist heute eine Bank- und Industriegruppe. Was blieb da vom ursprünglichen Gedanken der Genossenschaft?

Schaller: Die Gesellschaftsform der Genossenschaft ist aktueller denn je. Es wird viel über Nachhaltigkeit im Wirtschaftsleben gesprochen. Der Raiffeisen-Sektor baut darauf auf.

Standard: Die Spannungen zwischen Linz und Wien im RaiffeisenSektor sind legendär. Wollen Sie diese Rivalität kultivieren?

Schaller: Überhaupt nicht. Von einem Konkurrenzverhältnis kann man dann nicht reden.

Standard: Aber die Diskrepanzen bestehen ja nicht nur wegen persönlicher Rivalität, sondern weil Oberösterreich etwa im Fonds-, Versicherungs- oder Privatkunden-Geschäft mit eigenen Angeboten im Osten wildert. Werden Sie sich hier zurückziehen?

Schaller: Definitiv nicht. Da muss man berücksichtigen, dass diese Beteiligungen ein positives Ergebnis bringen. Warum soll ich das aufgeben? Im Warenbereich - warum nicht?

Standard: Bei der RZB mussten die Landesbanken immer wieder Kapital nachschießen. Ist die Belastbarkeit unbegrenzt?

Schaller: Nein, aber es kommt vieles in Form von Dividenden und Wertsteigerungen zurück.

Standard: Derzeit werden zahlreiche Beteiligungen indirekt über Stiftungen gehalten. Wird es hier mehr Transparenz geben?

Schaller: Teilweise werden die Beteiligungen auch in den Stiftungen jetzt schon in der Bilanz konsolidiert. Die Finanzierungen werden ja ohnehin von der Bank ausgewiesen.

Standard: Was ist Ihr wichtigstes Ziel in Ihrer neuen Funktion?

Schaller: In Oberösterreich wollen wir die Marktführerschaft in allen Bereich ausbauen. Die Voraussetzungen dafür sind sehr gut, weil wir als guter und sicherer Partner bekannt sind. Das haben wir in der Krise bewiesen. (Andreas Schnauder, DER STANDARD; 5./6.5.2012)