Vilnius - Die litauische Staatsanwaltschaft muss die Ermittlungen über mutmaßliche CIA-Gefängnisse in Litauen wieder aufnehmen, verlangte die britische EU-Abgeordnete Sarah Ludford. Es seien zu viele Fragen offen, sagte Ludford dem EUobserver. Ludford gehörte einer Gruppe von sechs EU-Abgeordneten des Justizausschusses an, die Litauen vergangene Woche besuchten.

Die Abgeordneten besichtigten in Antavailiai, 20 Kilometer außerhalb von Vilnius, ein mutmaßliches, ehemaliges CIA-Gefängnis. Der ehemalige Reitstall wird jetzt vom litauischen Geheimdienst als Übungsgelände genutzt. "Es ist eine Metallbox innerhalb einer Metallbox. Mit amerikanischer Ausstattung", sagte Ludford unter Hinweis auf noch vorhandene, schwere, amerikanische Vorhängeschlösser.

Ende 2009 kam ein von Staatspräsidentin Dalia Grybauskaite eingesetzter Untersuchungsausschuss des litauischen Parlaments zu dem Schluss, dass es in den Jahren 2003 bis 2006 im vom damaligen Präsidenten George W. Bush ausgerufenen "Krieg gegen den Terror" allem Anschein nach zwei Geheimgefängnisse des US-Auslandsgeheimdienstes auf litauischem Boden gegeben hat. Der Ausschuss fand auch heraus, dass sich im selben Zeitraum Flugzeuge im CIA-Auftrag mehrfach im litauischen Luftraum befanden. Er konnte aber nicht bewiesen werden, dass tatsächlich mutmaßliche Terroristen nach Litauen gebracht wurden.

Die daraufhin von der Staatsanwaltschaft eingeleiteten Ermittlungen wurden im Jänner eingestellt. "Aufgrund der Daten, die wir haben, gibt es keine Belege dafür, dass tatsächlich jemand an diesen Orten festgehalten wurde", sagte Justizminister Remigijus Simasius der Nachrichtenagentur BNS im Anschluss an den Besuch der EU-Abgeordneten.

Amnesty International und die Londoner Menschenrechtsorganisation Reprieve haben die Staatsanwaltschaft wiederholt aufgefordert, die Ermittlungen wieder aufzunehmen. Vergangenen Herbst hatte Amnesty Informationen über bisher nicht erfasste Flugbewegungen vorgelegt, die die vermutete Existenz von geheimen US-Anhaltezentren für Terrorverdächtige in Litauen bekräftigen sollten. Der Generalstaatsanwalt in Vilnius hatte die Indizien als "nicht essenziell" bezeichnet.

Litauen habe alles getan, um zur Aufklärung über mutmaßliche CIA Gefängnisse beizutragen, sagte Staatspräsidentin Grybauskaite nach dem Besuch der EU-Abgeordneten. Die juristischen Untersuchungen seien daran gescheitert, dass Litauen keine zusätzlichen Informationen von den USA erhalten habe. Auch in anderen europäischen Staaten soll es CIA-Geheimgefängnisse gegeben haben, wo Verdächtige, die in Afghanistan oder Pakistan gefangen genommen wurden, gefoltert worden sein sollen. Der Europarats-Sonderermittler Dick Marty bestätigte 2007 in einem Bericht die Existenz dieser Gefängnisse. (APA, 04.05.2012)