Dirk Stermann hat sich von Christiane Kada (li.) zeigen lassen, wie und warum Fisch aus heimischer Teichwirtschaft nicht nur richtig, sondern auch gut ist.

Foto: Brandstätter Verlag

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STANDARD: Sie haben ein Kochbuch geschrieben - warum ist ausgerechnet Fisch das Thema? Fischen Sie?

Dirk Stermann: Ich fische nach Möglichkeit einmal im Jahr. Da fahre ich zum Abfischen in die Steiermark und genieße dieses archaisch anmutende Treiben. Weil ich das so liebe, entstand dann auch die Idee zu dem Kochbuch, für das ich mich bei Christiane Kada, die auf dem Fischgut Hornegg aufgewachsen ist, in die Lehre begeben habe. Sie ist die eigentliche Auskennerin und für den fachlichen Teil verantwortlich. Meine Aufgabe beim Abfischen ist, die Fische vom Sortiertisch in einen Transportkarren zu schubsen. Also steh ich in der Hierarchie ganz unten. Nur knapp über einem Karpfen.

STANDARD: Wie groß war Ihr größter?

Stermann: Natürlich der Ottl. Ein Wels. Über 40 Jahre alt, mehr als zwei Meter lang und 120 Kilo schwer. (Ottl ist das Maskottchen der Hornegger Teiche und wird nach dem Abfischen stets wieder ausgesetzt, Anm.)

STANDARD: Inwiefern ist Fischzucht nachhaltig? Für das Fischmehl-Futter von Forelle, Saibling & Co müssen doch auch die Meere leergefischt werden?

Stermann: Ja, soweit ich das verstanden habe, stimmt das, obwohl es auch bei den forellenartigen Fischen inzwischen nachhaltigere Zuchtmethoden gibt, bei denen das Eiweißfutter aus Schlachtabfällen gewonnen wird. Das ist schon ein Fortschritt. Bei Hecht, Zander, Flussbarsch oder Wels aber ist das nochmals anders. Die sind Ausnahmen unter den Raubfischen. Insofern stellen sämtliche Teichfische eine umweltverträgliche Möglichkeit dar.

STANDARD: Karpfen sind Friedfische, ernähren sich von Plankton. Aber inwiefern sind die genannten Raubfische eine nachhaltige Alternative?

Stermann: Christiane hat mir erklärt, dass Hecht oder Wels Fertigfutter nicht gut annehmen. Den Zander gibt es zwar aus Zucht in Kreislaufanlagen, ganz massentauglich funktioniert das aber noch nicht. In der Regel haben diese Fischarten also andere Fische verspeist. Die meisten fressen sogar ihre eigenen Artgenossen.

STANDARD: Manche Menschen essen kein Fleisch, sehr wohl aber Fisch. Weil Fische nicht schreien, wenn sie sterben?

Stermann: Das verstehe ich auch nicht wirklich. Irgendwie wirkt es so, als ob Fische nicht ernst zu nehmen wären. Zum einen hat das natürlich kulturhistorische Wurzeln, da Fisch in westlichen Zivilisationen ja vielfach als Fastenspeise gilt, andererseits ist es auch bekannt, dass zu hoher Fleischkonsum problematisch sein kann, während Fischessen ja auch von Ernährungsexperten als besonders gesund bewertet wird. Vielleicht sollte man in Österreich Fische züchten, die aussehen wie Schweinshaxen.

STANDARD: Hecht oder Karpfen - was ist Ihnen lieber?

Stermann: Neulich wurden mir ein ganzer Karpfen und ein ganzer Hecht geschenkt. Ich habe beide eingefroren und nach etwa drei Wochen gekocht. Dieses Rennen hat eindeutig der Karpfen gewonnen. Vielleicht lag es am vorzüglichen Rezept.

STANDARD: Was für ein Rezept?

Stermann: Ich habe den Karpfen mit Schinken und Fenchelsamen aromatisiert, wie es in Oberitalien Tradition ist. Das Rezept steht auch in unserem Kochbuch.

STANDARD: Österreicher essen kaum Fisch im Ganzen, weil sie panische Angst vor Gräten haben. Und Sie?

Stermann: Es gibt wenige Dinge, vor denen ich mich nicht fürchte. Gräten sind eines davon. Bei dem Kochbuchprojekt habe ich gelernt, dass man an einer Gräte eigentlich gar nicht ersticken kann.

STANDARD: Man findet viele Rezepte mit Karpfen, Wels oder Zander im Buch - aber noch viel mehr, die nach Karauschen, Rotfedern, Schleien oder Flussbarsch verlangen. Wie kommt man als Leser an solche vergleichsweise Exoten?

Stermann: In Hornegg bei den Hollers gibt es sie. Aber auch andere Teichwirtschaften bieten längst mehr als nur Karpfen an.

STANDARD: Wie viele der Rezepte stammen von Christiane Kada, wie viele von Ihnen?

Stermann: In dem Buch gibt es eine Reihe von Rezepten, die gar nicht von uns stammen. Das sind zum Beispiel die Rezepte aus anderen Ländern. Uns ging es darum, den Reichtum und die Fülle an Möglichkeiten aufzuzeigen, wie man mit heimischem Fisch umgehen kann. Die meisten Rezepte sind aber von Christiane - ich war ja ihr Schüler.

STANDARD: Gibt es eines, das Sie besonders mögen? Stolz drauf sind?

Stermann: Ich liebe das mit den Zanderwangerln.

STANDARD: Nanu. Gar kein Rezept mit Leberwurscht?

Stermann: Leberwurst ist ein Meeresfisch, deshalb nicht heimisch.

STANDARD: Wird das Buch bei den Kollegen von Alex & Andi vorgestellt?

Stermann: Wenn die beiden ihren Beruf ernst nehmen, kommen sie nicht drum herum.

STANDARD: Für wen kochen Sie?

Stermann: Mit großer Begeisterung und Hingabe für Freunde und Familie. Eine Lieblings-Lebensvorstellung ist für mich, für das Essen auf so einem landwirtschaftlichen Betrieb wie Hornegg zuständig zu sein. So eine Art Knechtkoch.

STANDARD: Von wem lassen Sie sich bekochen?

Stermann: Von meiner Frau.

STANDARD: Wie wäscht man sich Fischgeruch von den Fingern?

Stermann: Mit Salz und einer Bürste. Frischer Fisch riecht aber eigentlich nicht.

STANDARD: Was ist die beste Art, einen Fisch zu töten?

Stermann: Knüppel auf den Kopf zur Betäubung und dann ein Herzstich, hab ich mir sagen lassen. In Hornegg wurde mir mehrmals angeboten, das Fischtöten zu lernen. Ich kann mich aber nicht dazu überwinden.

STANDARD: Ihr bester Fischer-Witz?

Stermann: Kein Witz, sondern eine Szene bei einer Spira-Alltagsgeschichte. Eine alte Frau kauft Knochen am Markt. Spira fragt: "Fürn Hund? Was hams denn für einen Hund?" Die alte Frau sagt: "Ein Dorsch."

(Severin Corti, Rondo, DER STANDARD, 4.5.2012)